BFH zum Verhältnis von Zollwert und Verrechnungspreisen

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 17.05.2022, VII R 2/19, Hamamatsu

Praxisproblem

In der unternehmerischen Praxis stellt sich regelmäßig die Frage, wie aus zollwertrechtlicher Sicht mit konzerninternen Verrechnungspreisen, insbesondere bei deren nachträglicher Erhöhung oder Senkung, zu verfahren ist. In Betracht käme hier etwa, dass eine nachträgliche Erhöhung der Verrechnungspreise zu einer Zollnacherhebung führen könnte, während eine nachträgliche Senkung der Verrechnungspreise zu einer Zollerstattung führen würde. Bislang lehnt die deutsche Zollverwaltung Erstattungen im Fall nachträglicher Preissenkungen ab, wenn keine produktbezogene Aufschlüsselung möglich ist, verlangt aber gleichwohl die Mitteilung von Verrechnungspreiserhöhungen, um Nacherhebungen durchführen zu können.

Sachverhalt

Ein deutsches Tochterunternehmen einer japanischen Mutter hatte eine Anpassung des Zollwertes nach unten beantragt, da die Verrechnungspreise für den Bezug von Waren nachträglich im Rahmen einer Jahresendanpassung nach unten korrigiert worden waren. Die Zollverwaltung lehnte diese Vorgehensweise auf Basis eines Verteilungsschlüssels auf alle Einfuhren ab. Das FG München hatte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise und legte das Verfahren dem EuGH vor, dessen Urteil in der Praxis mehr Fragen als Antworten entstehen ließ (vgl. Urteil des EuGH v. 20.12.2017,C-529/16, Hamamatsu, s. hierzu bereits AWB-Newsletter Nr. 2/2018).

Nachdem das FG München, wenngleich immer noch zweifelnd, die Klage aufgrund des EuGH Urteils abgewiesen hatte, hat sich in der Revisionsinstanz nun der BFH mit diesem grundlegenden Konflikt befasst.

Entscheidung

Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Der Entscheidung liegen dabei die folgenden Leitsätze zugrunde:

  1. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Hamamatsu Photonics Deutschland vom 20.12.2017 - C-529/16, EU:C:2017:984, ZfZ 2018, 68) lassen es die Art. 28 bis 31 ZK nicht zu, als Zollwert einen vereinbarten Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird.
  2. Dies gilt auch für die Wertermittlung nach der Schlussmethode gemäß Art. 31 ZK. Denn steht im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht fest, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein wird und ob, falls dies der Fall ist, die Berichtigung nach oben oder nach unten zu erfolgen hat, dann ist ein demzufolge erst noch zu ermittelnder Warenwert im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung nicht i.S. von Art. 8 Abs. 3 des Übereinkommens zur Durchführung des Art. VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 quantifizierbar.

Praxishinweis

Da sich die für die Entscheidung des EuGH maßgeblichen Rechtsnormen auch im Unionszollkodex wiederfinden, ist das Hamamatsu-Urteil auch für die Anwendung des UZK von Bedeutung.

Eine Berichtigung des Verrechnungspreises nach unten berechtigt unter den Umständen des Ausgangsfalls dem BFH zu Folge nicht zu einer Erstattung der Einfuhrabgaben. In Bezug auf die Frage, ob Anpassungen des Verrechnungspreises nach oben ebenfalls unberücksichtigt bleiben sollten, ist die Rechtsprechung nicht eindeutig. Es spricht jedoch einiges dafür, dass auch in der umgekehrten Situation gleiche rechtliche Erwägungen herangezogen würden. Dies würde in der Konsequenz bedeuten, dass Erhöhungen oder Senkungen von Verrechnungspreisen zollwertrechtlich generell irrelevant wären.

Für Unternehmen, bei denen es infolge nachträglicher Erhöhungen von Verrechnungspreisen zu Zollnacherhebungen durch die Zollbehörde gekommen ist, könnte dies daher bedeuten, dass sie diese Zölle zu Unrecht gezahlt hätten. Bis zur weiteren Klärung der Thematik sollten Unternehmen daher, je nach Ausgangslage, Einspruch einlegen bzw. fristwahrende Erstattungsanträge stellen, um die Erstattungsfrist des (im Hamamatsu-Verfahren relevanten) Art. 236 Abs. 2 ZK bzw. (des nunmehr maßgeblichen) Art. 121 Abs. 1 Buchst. a UZK zu wahren.
Der BFH hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass Zu- und Abschläge zu dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nur auf der Grundlage von Angaben vorgenommen werden dürfen, die bereits im Zeitpunkt der Zollanmeldung objektivierbar und quantifizierbar sind. Da für diesen Umstand die Nachweispflicht beim Unternehmen liegt, sollte ggf. sichergestellt werden, dass im Zeitpunkt der Zollanmeldung entsprechende waren- und stichtagsbezogene Angaben vorliegen.

Weiterhin bietet sich eine Überprüfung und erforderlichenfalls Anpassung bzw. Abstimmung der Verrechnungspreise im Hinblick auf den Zollwert an, um zu große Abweichungen am Ende des Abrechnungszeitraums zu verhindern. Hier bestehen im Einzelfall ggf. Gestaltungsmöglichkeiten, die es zu prüfen gilt.

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