Nachträgliche Inanspruchnahme von Zollkontingenten im Rahmen von Erstattungsverfahren

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit seinem Urteil vom 19.10.2022, 4 K 2626/21 Z eine für Importe von Stahlerzeugnissen interessante Entscheidung getroffen. Eine Inanspruchnahme von Zollkontingenten ist auch nach Abschluss des Quartals möglich, wenn nicht genutzte Mengen in das Folgequartal übertragen wurden. Maßgeblich für die Beurteilung des Erstattungsantrags ist der Antrags-, nicht der Einfuhrzeitpunkt.

Sachverhalt

Im Unionsversandverfahren wurden Hohlprofile der Tarifposition 7306 61 99 der Kombinierten Nomenklatur an die Klägerin gesendet. Diese hatten einen Zollwert von 20.758,16 Euro, wurden allerdings entgegen Art. 233 Abs. 1 Buchst. a) UZK nicht fristgemäß gestellt. Daher setzte die Zollbehörde die nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a) UZK entstandene Zollschuld mit Bescheid vom 25.02.2021 in Höhe von 5.189,54 Euro fest.

Die Klägerin beantragte mit Antrag vom 29.07.2021 die Erstattung der gezahlten Abgaben.

Der Beklagte lehnte dies ab mit der Begründung, eine nachträgliche Gewährung des Zollkontingents Nr. 098993 sei gemäß Art. 117 Abs. 2 UZK nicht möglich, dieses Kontingent sei im Zeitpunkt der Antragsstellung bereits erschöpft gewesen.

Daraufhin erhob die Klägerin gegen die Ablehnung am 01.10.2021 Einspruch und wies darauf hin, dass laut der Zolltarifdatenbank TARIC immer ausreichende Kontingentmengen vorhanden gewesen seien.

Der Beklagte wiederum wies auch den Einspruch am 26.10.2021 als unbegründet zurück.

Rechtliche Würdigung

Das FG Düsseldorf sah die zulässige Klage als begründet an. Die Ablehnung des Erstattungsanspruchs durch den Beklagten sei rechtswidrig und die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung der gezahlten Einfuhrabgaben aus Art. 117 Abs. 1, Abs. 2 UZK.

Nach Art. 117 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a) UZK ist eine Erstattung zu gewähren, wenn zum Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung ein Zollkontingent in Anspruch genommen werden konnte und zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Erstattung dieses Kontingent noch nicht erschöpft ist.

Innerhalb eines Zollkontingents können bestimmte Waren abgabenbegünstigt in das Zollgebiet der Union eingeführt werden. Die Abgabenbegünstigung ist wert- oder mengenmäßig beschränkt und dient vor allem der Überwachung und Begrenzung der Einfuhr dieser Waren. Durch die Angabe der Zollkontingentsnummer in der Zollanmeldung beantragt der Beteiligte die jeweilige Begünstigung. Die Zollbehörde überlässt daraufhin – sofern alle weiteren Voraussetzungen erfüllt sind und die Ware gestellt wurde – die Waren abgabenbegünstigt, solange das Kontingent noch nicht erschöpft ist.

Sollte das beantragte Kontingent erschöpft sein, erhebt die Zollbehörde Schutzzölle bei einem Zollsatz von 25 %.

Im vorliegenden Fall liegen zum einen die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme des Kontingents mit der Nummer 098993 gemäß Art. 56 Abs. 4 Unterabs. 1 UZK i.V.m. der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 der Kommission vom 31.1.2019 zur Einführung endgültiger Schutzmaßnahmen gegenüber den Einfuhren bestimmter Stahlerzeugnisse (VO 2019/159) sowie Art. 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2021/1029 vom 24.6.2021 zur Änderung der Durchführungsverordnung (EU) 2019/159 der Kommission und zur Verlängerung der Schutzmaßnahme gegenüber den Einfuhren bestimmter Stahlerzeugnisse (VO 2021/1029) vor.

Zum anderen war dieses Kontingent auch noch nicht erschöpft. Maßgeblicher Zeitpunkt ist nach dem Wortlaut des Art. 117 Abs. 2 Buchst. a) UZK der Zeitpunkt der Antragstellung. Das Kontingent galt im Zeitraum vom 01.07.2021 bis 30.09.2021 für Waren der Tarifposition 7306 61 99. Nach Ablauf des Geltungszeitraums wurden 5.955,74 t ins Folgequartal übertragen. Eine Inanspruchnahme des Kontingents ist auch möglich, nachdem der Restwert eines Quartals in das nächste Quartal übertragen wird und die Gesamtmenge des Kontingents noch nicht erschöpft ist.

Dafür spricht zunächst der Wortlaut des Art. 117 Abs. 2 Buchst. a) UZK. Weiterhin kommt es bei einer Befreiung von der Zollschuld ebenfalls auf die Annahme der Zollanmeldung, nicht auf den Einfuhrzeitpunkt, an. Außerdem wäre eine rückwirkende Antragstellung unmöglich, wenn man der Auffassung des Beklagten folgt, da jeweils am Ende eines Quartals die Restmenge ins Folgequartal übertragen wird und sich dadurch die Menge stets auf Null reduziert. Dadurch könnte nach der Übertragung kein Kontingent mehr in Anspruch genommen werden.

Fazit

Eine Verweigerung der nachträglichen Inanspruchnahme von Zollkontingenten kann nicht allein deswegen erfolgen, wenn aufgrund des Quartalsabschlusses die Restmenge in das Folgequartal übertragen wird. Im Ergebnis ist eine nachträgliche Inanspruchnahme möglich, der Klägerin steht ein Erstattungsanspruch in Höhe der von ihr gezahlten Einfuhrabgaben zu.


Link:

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 2626/21 Z

Quelle:

Finanzgericht Düsseldorf

 

 

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