BMF zur Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 12.06.2014 zur Verlängerung der Übergangsregelung des BMF-Schreibens v. 05.11.2013 und v. 16.12.2013 zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Praxisproblem

Im Groß- und Einzelhandel werden für die Belieferung mit Waren Transportbehältnisse (sog. Transporthilfsmittel, auch Lademittel und Packmittel genannt, und Warenumschließungen) aller Art eingesetzt. Die Überlassung der Behältnisse erfolgt entweder gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld oder im Rahmen reiner Tauschsysteme.

Bei der Hingabe eines Transportbehältnisses gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld ist für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung zu unterscheiden, ob es sich bei dem Behältnis um ein (selbstständiges) Transporthilfsmittel oder lediglich um eine Warenumschließung handelt.

Hintergrund

a) Transporthilfsmittel
Transporthilfsmittel dienen grundsätzlich der Vereinfachung des Warentransports und der Lagerung und werden u.U. auch im Einzelhandel zur Warenpräsentation genutzt. Transporthilfsmittel sind z.B. Getränkepaletten, H1-Kunststoffpaletten, Kisten (z.B. Ernteboxen), Steigen und Container für Blumen, Obst und Gemüse, Rollcontainer, Fleischkästen, Fischtransportkisten, Shipper-Boxen für Kartoffeln und Zwiebeln, Quattro-Boxen etc. Diesen Transporthilfsmitteln ist gemeinsam, dass sie für logistische Aktivitäten innerhalb des Unternehmens, aber auch beim Durchlaufen von Handelsstufen, an denen mehrere Unternehmer beteiligt sind (Hersteller – Großhändler – Einzelhändler), eingesetzt werden. Sie werden grundsätzlich nicht an den Endverbraucher geliefert.

b) Warenumschließungen
Im Gegensatz hierzu liegen lediglich Warenumschließungen vor, wenn aufgrund der Eigenart einer Ware eine bestimmte Umschließung erforderlich ist, um diese für den Endverbraucher verkaufs- und absatzfähig zu machen. Hierbei handelt es sich überwiegend um innere und äußere Behältnisse, Aufmachungen, Umhüllungen und Unterlagen, welche für die Lieferbarkeit von Waren an den Endverbraucher notwendig (z.B. Flaschen) oder üblich (z.B. Getränkekästen) sind oder unabhängig von ihrer Verwendung als Verpackung keinen dauernden selbstständigen Gebrauchswert haben. Ob der Gebrauchswert geringfügig ist oder nicht, ist ohne Bedeutung.

c) Transporthilfsmittel im Rahmen reiner Tauschsysteme
Neben der Hingabe von Transporthilfsmitteln gegen ein gesondertes Pfandgeld werden in Unternehmen für den Transport und das Lagern von Gütern vielfach (genormte und qualitätsgesicherte) Paletten (insbesondere die sog. „Euro-Flachpaletten“ und „Euro-Gitterboxpaletten“) und andere Transporthilfsmittel im Rahmen reiner Tauschsysteme verwendet. Kennzeichnend für diese Tauschsysteme ist, dass der Versender/Verlader die von ihm beladenen Paletten dem Empfänger überlässt und von diesem andere Paletten gleicher Art und Güte zurückerhält.

Zum Inhalt des BMF-Schreiben

Das BMF-Schreiben v. 05.11.2013 unterscheidet zwischen der Überlassung von Transportbehältnissen (also Transporthilfsmittel oder Warenumschließungen) gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld und der Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme und regelt dabei die Art der Leistung und den Vorsteuerabzug aus solchen Überlassungsleistungen.

Grundsätzlich ist das BMF-Schreiben v. 05.11.2013 in allen offenen Fällen anzuwenden. Nachdem dieses Schreiben eine Übergangsregelung enthielt, die bis zum 01.01.2014 galt und die mit BMF-Schreiben v. 16.12.2013 bis zum 01.07.2014 verlängert worden war, ist mit BMF-Schreiben v. 12.06.2014 die Übergangsfrist nochmals (offensichtlich mit Blick auf Umstellungsprobleme in der Praxis), nunmehr bis zum 31.12.2014, verlängert worden. Danach gilt folgendes:

Es wird nicht beanstandet, wenn für Umsätze, die vor dem 01.01.2015 getätigt werden, bei der Überlassung von Transportbehältnissen gegen ein gesondert vereinbartes Pfandgeld die Hingabe von Transporthilfsmitteln (nicht Warenumschließungen, diese teilen immer das Schicksal der Warenlieferung) gegen Pfandgeld als Nebenleistung zur Warenlieferung behandelt wird. In diesen Fällen ist die Rückgewähr des zuvor vereinnahmten Pfandgeldes entsprechend als Minderung des Entgelts für die ursprüngliche Lieferung anzusehen.

Es wird für Umsätze, die vor dem 01.01.2015 getätigt werden, auch nicht beanstandet, wenn bei der Überlassung von Transporthilfsmitteln im Rahmen reiner Tauschsysteme die abgerechneten Leistungsstörungen von dem leistenden Unternehmer und dem Leistungsempfänger einvernehmlich als entgeltliche steuerbare Palettenlieferungen behandelt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Umsatz vom Leistenden in zutreffender Höhe versteuert wird. § 14c Abs. 1 UStG findet in diesen Fällen keine Anwendung und der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG ist insoweit nicht ausgeschlossen. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG.

Praxishinweis

Mit dem BMF-Schreiben vom 05.11.2013 ist die in den BMF-Schreiben vom 25.10.1993 zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung des Pfandgeldes für Leihkästen bei Fleischlieferungen (veröffentlicht bei juris) sowie die frühere Verwaltungsauffassung zur Behandlung der Pfandgelder bei vermieteten Mehrwegsteigen überholt. Es gelten die neuen Grundsätze, nach denen z.B. die Hingabe von Mehrwegsteigen bzw. Leihkästen bei Fleischlieferungen gegen Pfandgeld als eigenständige Lieferungen und die Rückgabe gegen Rückzahlung des Pfandgeldes als Rücklieferungen zu beurteilen sind, da es sich regelmäßig um Transporthilfsmittel handelt. Hin- und Rücklieferung unterliegen grundsätzlich dem Regelsteuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG, wobei jedoch die Aussagen in dem BMF-Schreiben vom 05.11.2013 zur Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG zu beachten sind.

Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Hin- und Rückgabe eines Transporthilfsmittels als eigenständige Lieferungen hat auf allen Handelsstufen (Pfandbetreiber – Hersteller – Großhändler – Einzelhändler) einheitlich zu erfolgen. Eine spätere Umqualifizierung in der Lieferkette findet nicht statt. Insbesondere ist z.B. die Weiterlieferung der (mit Waren gefüllten) Mehrwegsteigen einer Erzeugerorganisation an die Einzelhändler keine einheitliche Warenlieferung. Vielmehr liegen mindestens zwei Lieferungen (Transporthilfsmittel sowie Waren) vor, welche jeweils gesondert zu beurteilen sind.

Nach dem BMF-Schreiben bleibt für Warenumschließungen die Saldierungsmöglichkeit bei Pfandgeldern für Warenumschließungen nach Abschn. 10.1 Abs. 8 UStAE bestehen.

Die Lieferung von Waren (z.B. landwirtschaftliche Erzeugnisse, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen) und die Lieferung des Transporthilfsmittels sind stets getrennt zu behandeln. Insoweit sind unterschiedliche Würdigungen, z.B. hinsichtlich des Steuersatzes möglich.

Werden defekte Paletten gegen reparierte und damit einsatz- und tauschfähige Paletten eingetauscht, liegt nach dem BMF-Schreiben ein umsatzsteuerrechtlicher Leistungsaustausch in Form eines Tausches nach § 3 Abs. 12 Satz 1 UStG vor. Die Einsatz- und Tauschfähigkeit wird durch den Einschlag einer von der Qualitätssicherungsstelle (EPAL oder deren Nationalkomitees) ausgegebenen Reparaturklammer kenntlich gemacht, die auf der Palette hinterlegt ist und aus der der lizensierte Reparaturbetrieb zu entnehmen ist.

Erhebt der Sachdarlehensgeber für die Nutzungsüberlassung, z.B. von Paletten, ein Entgelt, ist der Vorgang grundsätzlich steuerbar und regelmäßig auch steuerpflichtig. Die Steuerpflicht ergibt sich aus dem Urteil des EuGH v. 19.04.2007, C-455/05, Velvet & Steel Immobilien und Handels GmbH. Danach ist die Übernahme von Verbindlichkeiten, die keinen Finanzcharakter haben, steuerpflichtig.

Das BMF-Schreiben trifft keine Regelungen für den Fall, in dem ein Transporthilfsmittel gegen ein Pfandgeld an einen Nichtunternehmer übergeben wird und durch diesen später (gegen Erstattung des Pfandgeldes) zurückgegeben wird. In diesem Fall dürfte nach den Grundsätzen des BFH-Urteils v. 12.11.2008, XI R 46/07, BStBl. II 2009, 558 zur Rücknahme von Umzugskartons durch ein Umzugsunternehmen auch eine Rücklieferung durch den Kunden an den Unternehmer vorliegen. Das bedeutet, es kommt keine Berichtigung der Bemessungsgrundlage für die ursprüngliche Lieferung des Transporthilfsmittels infolge der Erstattung des Pfandgeldes in Betracht. Ein Vorsteuerabzug aus der Rücklieferung des Transporthilfsmittels durch einen Nichtunternehmer kommt mangels der Leistung durch einen anderen Unternehmer auch nicht in Betracht.

Das BMF-Schreiben führt als Beispiele für Transporthilfsmittel u.a. Container für Blumen, Obst und Gemüse und Rollcontainer auf. Somit ist fraglich, wie Container für andere Transportzwecke, z.B. Kohle- oder Maschinentransporte, in diesem Zusammenhang zu behandeln sind. Grundsätzlich dürfte auch in diesen Fällen die Hingabe eines Containers gegen Pfandgeld wie eine eigenständige Lieferung und die Rückgabe als Rücklieferung zu werten sein. Würde der Unternehmer, der den Container ursprünglich überlassen hat, bei der Rückgabe weniger als das ursprüngliche Pfandgeld erstatten, z.B. weil der Container beschädigt oder verschmutzt zurückgegeben wird, wäre die Bemessungsgrundlage der Rücklieferung entsprechend geringer.

Nach dem BMF-Schreiben v. 05.11.2013 ist eine Saldierungsmöglichkeit in Anlehnung an die Regelung in Abschn. 10.1 Abs. 8 UStAE für Transporthilfsmittel nicht vorgesehen. Das bedeutet insbesondere, dass eine in der Praxis wie auch immer weiterhin anzutreffende Saldierungsmöglichkeit für die Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln nicht den eigentlichen Grundsätzen des BMF-Schreibens v. 05.11.2013 widersprechen dürfte.