EuGH zur Vorsteueraufteilung

 

Anmerkung zu EuGH, Urteil vom 10.7.2014, C-183/13 (Banco Mais SA)

Praxisproblem

Verwendet der Unternehmer die für sein Unternehmen gelieferten oder eingeführten Gegenstände und die in Anspruch genommenen sonstigen Leistungen sowohl für Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, als auch für Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ausschließen, hat er die angefallenen Vorsteuerbeträge in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufzuteilen. Die Aufteilung der Vorsteuern ist nach § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen. Dies bedeutet, dass die Vorsteuern nach ihrer wirtschaftlichen Zuordnung aufzuteilen sind. Die Aufteilung schließt an die Grundsätze an, die sich aus § 15 Abs. 2 und 3 UStG für die Zuordnung der Vorsteuern zu den einzelnen Umsätzen des Unternehmers herleiten. Bei der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen aus allgemeinen Aufwendungen des Unternehmens ist regelmäßig auf das Verhältnis der gesamten Umsätze im Besteuerungszeitraum abzustellen.

Sachverhalt

Bei dem portugiesischen Verfahren ging es um die Auslegung der Art. 17 Abs. 5 und 19 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 173 und 174 Abs. 1 MwStSystRL), wonach die Vorsteuer für sowohl zum Vorsteuerabzug berechtigende und nicht berechtigende Umsätze (gemischte Umsätze) nach einem Pro-Rata-Satz zu berechnen ist.

Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Bank, die in der (steuerfreien) Kreditfinanzierung tätig ist und (steuerpflichtig) Pkw verleast. Aus dem Erwerb der zu verleasenden Pkw zog sie die MwSt nach der Methode der tatsächlichen Zuordnung als Vorsteuer ab. Strittig war die Berechnung der Vorsteuer aus Gemeinkosten, die sowohl für steuerfreie Kreditgeschäfte als auch die zum Vorsteuerabzug berechtigenden Leasinggeschäfte anfallen. Die Klägerin wendete die Methode der tatsächlichen Zuordnung bei der Mehrheit der für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Eingangsumsätze an, insbesondere beim Erwerb der Gegenstände, die verleast werden sollen (mit Ausnahme der Immobilien, für die sie nicht auf die Befreiung verzichtet hat), und zog daher die MwSt, die für diese Eingangsumsätze entrichtet wurde, die Bestandteil der finanziellen Tilgung der ihren Kunden in Rechnung gestellten Rate sind, voll ab.

Vor diesem Hintergrund wollte das vorlegende Gericht wissen, ob die im Rahmen eines Leasingvertrags vom Kunden gezahlte Rate, die sich aus Tilgung, Zinsen und anderen Lasten zusammensetzt, vollständig in den Nenner des Pro-rata-Satzes einzubeziehen ist, oder ob vielmehr nur die Zinsen zu berücksichtigen sind, da sie das Entgelt bzw. den Gewinn darstellen, den eine Bank aus Leasinggeschäften erzielt.

Entscheidung

Der EuGH stellt in seinem Urteil zunächst fest, dass sich die vorgelegte Frage nach der Berechnung der Vorsteuer aus gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen nicht auf die Berechnung des Pro-Rata-Satzes nach Art. 19 Abs. 1 der 6. EG-Richtlinie bezieht. Portugal hat in seinem Umsatzsteuergesetz die Ausnahmebestimmung des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 173 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL) umgesetzt, wonach in bestimmten Fällen der Vorsteuerabzug nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände oder Dienstleistungen vorgenommen werden kann. Die Methode der tatsächlichen Zuordnung findet nach dem portugiesischen Recht u.a. dann Anwendung, wenn der Umsatzschlüssel zu starken Verzerrungen bei der Besteuerung führt. Auf diese Methode hatte auch die Steuerbehörde die Nichtberücksichtigung des Tilgungsanteils bei der Berechnung des Umsatzschlüssels gestützt. Die Frage nach der Einbeziehung der gesamten Leasingraten oder nur des Zinsanteils beziehe sich daher im Ausgangsrechtsstreit auf die Auslegung des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie.

Nach den weiteren Urteilsgründen obliegt es den Mitgliedstaaten, weitere Regeln zur Anwendung der Zurechnungsmethode nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie festzulegen, wobei Zweck und Systematik der Richtlinie sowie die Grundsätze des gemeinsamen MwSt-Systems und der Ausnahmecharakter der Regelung zu beachten sind. Die Berechnung müsse zu präziseren Ergebnissen bei der Bestimmung der abzugsfähigen Vorsteuern führen. Der Gerichtshof verweist insoweit insbesondere auf seine Rechtsprechung in der vom BFH vorgelegten Rs. C-511/10, BLC Baumarkt.

Die Durchführung von Leasinggeschäften für die Automobilbranche durch eine Bank ist nach dem vorliegenden EuGH-Urteil vor allem durch die Finanzierung und Verwaltung der zwischen dem Leasinggeber und seinen Kunden geschlossenen Verträge bedingt und nicht durch die Bereitstellung der Fahrzeuge, was im Einzelnen jedoch vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Unter diesen Umständen führt nach dem Urteil die Berechnung nach der Umsatzmethode unter Berücksichtigung der gesamten Leasingraten zu einer weniger präzisen Bestimmung des Pro-Rata-Satzes des Vorsteuerabzugs als bei Berücksichtigung nur des Zinsanteils.

Damit kommt der EuGH zu der Feststellung, dass Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht verbietet, eine Bank, die u.a. Leasingtätigkeiten ausübt, zu verpflichten, bei der Berechnung des Pro-Rata-Satzes für den Vorsteuerabzug aus gemischt genutzten Gegenständen und Dienstleistungen im Zähler und Nenner des Bruchs nur den Zinsanteil aus den Leasingraten aufzuführen, sofern die Nutzung dieser Gegenstände und Dienstleistungen vor allem durch die Finanzierung und die Verwaltung dieser Verträge verursacht wird, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Praxishinweis

Das deutsche Umsatzsteuerrecht ist von dem Urteil nicht unmittelbar betroffen, da Deutschland aufgrund der Optionen des Art. 17 Abs. 5 Unterabsatz 3 der 6. EG-Richtlinie (Art. 173 Abs. 2 MwStSystRL) die Anwendung des Pro-rata-Satzes nach Art. 19 der 6. EG-Richtlinie (Art. 174 175 MwStSystRL) durch die Regelung des § 15 Abs. 4 UStG (Vorsteueraufteilung grundsätzlich nach wirtschaftlicher Zurechnung) ausgeschlossen hat. Zwar beruht die Vorsteuerberechnung aus gemischt genutzten Umsätzen gem. § 15 Abs. 4 UStG ebenfalls auf der Regelung des Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 Buchst. c der 6. EG-Richtlinie, der EuGH verweist jedoch auf den Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung dieser Regelung sowie auf die vom vorlegenden Gericht zu prüfenden Voraussetzungen. Die Frage des Ausnahmecharakters der abweichenden Berechnungsmethoden nach Art. 17 Abs. 5 Unterabs. 3 der 6. EG-Richtlinie hat der Gerichtshof in dem Verfahren nicht problematisiert. Hinsichtlich des in Deutschland angewandten Bankenschlüssels, bei dessen Ermittlung in Bezug auf die Leasingrate nur die Zinsen berücksichtigt werden, dürfte das vorliegende Urteil für dessen Rechtmäßigkeit sprechen.