EU-Sanktionen gegen Belarus – Neue Beschränkungen im Außenwirtschaftsverkehr

Bereits Anfang Juni wurden die Embargobestimmungen der EU in Bezug auf Belarus erweitert. Wie wir berichteten, betraf dies insbesondere die zivile Luftfahrt und personenbezogene Beschränkungen (siehe Newsletter 11/2021). Mit Veröffentlichungen im Amtsblatt der EU vom 21. Juni 2021 und 24. Juni 2021 wurde die Verordnung (EG) Nr. 765/2006 (nachstehend „Belarus-Embargoverordnung“) geändert und weitere Beschränkungen traten in Kraft. Diese umfassen u. a. komplexe güterbezogene Verbote und Genehmigungspflichten.

Sanktionserweiterungen vom 21. Juni 2021

Die Durchführungs- bzw. Änderungsverordnungen VO (EU) 2021/996, VO (EU) 2021/997, VO (EU) 2021/999 traten am 21. Juni 2021 in Kraft und betrafen erneut vorwiegend personenbezogene Beschränkungen. Gegen die nunmehr insgesamt 166 natürliche Personen und 15 juristische Personen bzw. Entitäten, die in Anhang I der Belarus-Embargoverordnung benannt sind, bestehen umfassende Einfriergebote und Bereitstellungsverbote (Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Belarus-Embargoverordnung).

Insbesondere dürfen in der EU ansässige Unternehmen und EU-Staatsangehörige den gelisteten Personen bzw. Entititäten weder unmittelbar noch mittelbar Gelder und wirtschaftliche Ressourcen bereitstellen. Zu den neu sanktionierten Entitäten zählen u. a. (große) staatseigene Unternehmen der Automobilindustrie (Minskii Avtomobilnyi Zavod (MAZ) / OJSC ‚MAZ‘; Belarusski Avtomobilnyi Zavod (BelAZ) / OJSC ‚BELAZ‘). Das Bereitstellen wirtschaftlicher Ressourcen jeder Art (etwa Zulieferungen von Handelswaren an die gelisteten Personen), oder das Bereitstellen von Geldern (etwa Zahlungen für erhaltene Waren von den gelisteten Unternehmen) sind direkt aber auch indirekt (etwa unter Einschaltung von Dritten) verboten. Auch staatliche Stellen, bspw. die GHU („Hauptwirtschaftsabteilung der für die Verwaltung des Staatsbesitzes zuständigen Direktion der belarussischen Präsidialverwaltung“) und das für die Luftverkehrskontrolle zuständige Unternehmen „Belaeronavigatsia“ sind in Anhang I der Belarus-Embargoverordnung aufgeführt. Das BAFA weist im  Zusammenhang mit den personenbezogenen Sanktionsmaßnahmen auf seiner Homepage ausdrücklich darauf hin, dass Wartungsarbeiten an Flugzeugen der staatlichen Airline (Belavia) von den deutschen Straf-und Ermittlungsbehörden möglicherweise als mittelbare Bereitstellung bewertet und sanktioniert werden könnten.

Sanktionserweiterungen vom 24. Juni 2021

Mit den Erweiterungen durch die Verordnung (EU) 2021/1030 führte die EU nun weitere Verbote und Genehmigungspflichten ein, die bestimmte Güterkreise (Anhänge IV, VI, VII, VIII) sowie den Kapital- und Versicherungsmarkt betreffen. Darüber hinaus sind auch  Güter des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (nachstehend „Dual-use-Verordnung) bei bestimmten Sachverhaltskonstellationen von Verboten betroffen.

Mit der Einführung der Güterliste im Anhang IV, gelten gemäß Art. 1c nunmehr Genehmigungspflichten im Zusammenhang mit Gütern der Telekommunikationsüberwachung (Güter für die Erfassung, Extrahierung, Entschlüsselung, Aufzeichnung, Verarbeitung, Analyse und Archivierung von Gesprächsinhalten oder Netzdaten wie in Anhang IV aufgeführt). Zu beachten ist, dass die Genehmigungspflicht nicht erst für die Ausfuhr, sondern – wie bei Embargomaßnahmen üblich – bereits für den unmittelbaren oder mittelbaren Verkauf an Personen/Entitäten in Belarus, oder zur Verwendung in Belarus gilt. Das heißt, dass schon der Abschluss des schuldrechtlichen (Kauf-)Geschäfts der Genehmigungspflicht unterliegt. Darüber hinaus sind auch unmittelbare oder mittelbare Lieferungen oder Weitergaben dieser Güter an Personen/Entitäten in Belarus oder zur Verwendung in Belarus genehmigungspflichtig.

In demselben Umfang ist auch die Erbringung technischer Hilfen oder Vermittlungstätigkeiten in Bezug auf Güter des Anhangs IV nach den Maßgaben des Art. 1d genehmigungspflichtig. Dies gilt insbesondere für das Erbringen von Dienstleistungen zur Überwachung oder zum Abhören des Telefonverkehrs oder des Internets zugunsten staatlicher Stellen von Belarus.

Wie aus den EU-Sanktionen gegen Russland bekannt, gelten gemäß Art. 1e der Belarus-Embargoverordnung nun umfassende Verbote im Zusammenhang mit gelisteten Dual-use-Gütern des Anhangs I der Dual-use-Verordnung, vorausgesetzt diese Güter sind ganz oder teilweise für militärische Zwecke oder für einen militärischen Endnutzer bestimmt oder könnten hierfür bestimmt sein. Dieses Verbot erfasst auch bereits den (unmittelbaren/mittelbaren) Verkauf sowie auch unmittelbare und mittelbare Lieferungen und Weitergaben und verschäft, soweit es die Ausfuhr umfasst, die allgemeine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von gelisteten Dual-use-Gütern nach Art. 3 Abs. 1 der Dual-use-Verordnung.

Sollten gelistete Dual-use-Güter für die belarussischen Streitkräfte vorgesehen sein, so wird eine Nutzung für militärische Zwecke unwiderleglich angenommen. Ähnliches gilt nach Art. 1f, der den Verkauf, die Lieferung, die Ausfuhr oder die Verbringung von in Anhang I der Dual-use-Verordnung gelisteten Gütern an die in Anhang V genannten Personen verbietet. Bislang sind in Anhang V jedoch noch keine Personen oder Entitäten angeführt.

Art. 1g, Art. 1h, Art. 1i Belarus-Sanktionsverordnung statuieren wirtschaftssektorspezifische Verbote. Nach Art. 1g dürfen bestimmte Güter (Anhang VI), die für die Erzeugung und Verwendung von Tabakerzeugnissen verwendet werden, nicht an Personen/Entitäten in Belarus, oder zur Verwendung in Belarus verkauft, geliefert, weitergegeben oder ausgeführt werden.

Art. 1h verbietet die Einfuhr, den Erwerb, die Beförderung und die Verbringung von bestimmten Mineralölerzeugnissen (Anhang VII). Art. 1i verbietet die Einfuhr von bestimmten Kaliumchloridprodukten (Anhang VIII), welche vornehmlich im Bereich der Düngemittelindustrie ihren Einsatz finden. Dieses Verbot trifft insb. den belarussischen Staatskonzern Belaruskali, welcher einer der weltweitgrößten Kaliproduzenten ist. Für die vorstehend genannten Verbote der Art. 1g-1i sieht die Belarus-Sanktionsverordnung jeweils Ausnahmen für Altverträge (Vertragsschluss vor dem 25.06.2021) vor.

Schließlich wurden mit den Art. 1j, Art. 1k, Art. 1l Beschränkungen für Wertpapiergeschäfte und Geldmarktinstrumente, Darlehen und Versicherungsleistungen in Kraft gesetzt.

Um die in kurzer Zeit mehrfach geändert und erweiterte Belarus-Embargoverordnung rechtssicher zu handhaben, ist es erforderlich, dass die eingesetzten Sanktionslisten-Screening-Software tagesaktuelle Personenanhänge berücksichtigt und dass bei der Prüfung güterbezogener Beschränkungen mit der aktuellen und konsolidierten Fassung der Verordnung gearbeitet wird. Die Erfahrung zeigt, dass das Web-Angebot der EU (Eur-lex.europa.eu) teilweise nur verzögert konsolidierte Fassungen bereitstellt. So sind bislang (13.07.2021) sämtliche Änderungen aus Juni bei der verfügbaren Konsolidierung noch nicht berücksichtigt. Das Angebot der deutschen Zollverwaltung erweist sich hier hingegen als erfreulich schnell (auskunft.ezt-online.de -> Texte -> AWR - UN/EU – Embargos).

Links

BAFA, Embargos Belarus (Weißrussland)

EUR-Lex, Council Regulations (EU) Belarus

Quellen

BAFA

EUR-Lex

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