Maßgeblichkeit der Rechnungsangaben für den Vorsteuerabzug

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 09.09.2021 und 07.09.2021

Praxisproblem

Rechnung als zentrales Dokument für den Vorsteuerabzug

Der Rechnung kommt im Umsatzsteuerrecht eine besondere Bedeutung zu, wird in der Rechnung doch die regelmäßig vom leistenden Unternehmer geschuldete USt gegenüber dem Leistungsempfänger dokumentiert. Der Vorsteuerabzug ist wiederum ein Kernelement des Umsatzsteuersystems, da nur über die Möglichkeit, eine dem Unternehmer in Rechnung gestellte USt wieder als Vorsteuer abziehen zu können, die Neutralität des USt-Rechts zur Geltung kommen kann. Eine ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung ist grds. Voraussetzung für die Ausübung des Vorsteuerabzugs. Nach der BFH-Rechtsprechung gilt, dass ein Dokument folgende Mindestangaben enthalten muss, um als (berichtigungsfähige) Rechnung i. S. d. § 14 UStG anerkannt werden zu können:

  • Zum Rechnungsaussteller,
  • zum Leistungsempfänger,
  • zur Leistungsbeschreibung,
  • zum Entgelt und
  • zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer.

Diese Angaben dürfen nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sein, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.

Die Angabe des Leistungszeitpunkts (§ 14 Abs. 1 Nr. 6 UStG) gehört somit nicht zu diesen Mindestangaben.

Sachverhalt

Angabe des Leistungszeitpunkts in einer Rechnung

Rechnungen, die nicht den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung nach § 14 Abs. 4 Nr. 6 UStG enthalten (ggf. nach § 31 Abs. 4 UStDV in Form des Kalendermonats), sind nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht ordnungsmäßig ausgestellt. Ein Vorsteuerabzug aus solchen Rechnungen ist nur dann ausnahmsweise möglich, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfügt, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen. Zum Leistungszeitpunkt hat der BFH (BFH v. 01.03.2018, V R 18/17, BFH v. 15.10.2019, V R 29/19) schon entschieden, dass sich die Angabe des Kalendermonats als Leistungszeitpunkt aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung ergeben kann, wenn nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung in dem Monat bewirkt wurde, in dem die Rechnung ausgestellt wurde.

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 09.09.2021 hat sich die Verwaltung zur Angabe des Leistungszeitpunkts auf der Basis der dazu ergangenen BMF-Rechtsprechung insbes. für Zwecke des Vorsteuerabzugs geäußert (Änderungen in Abschn. 15.2a UStAE). Außerdem greift sie die BFH-Rechtsprechung zu Rechnungen einer Person auf, die nach dem Willen ihrer Hintermänner einen auf ihren Namen lautenden Gewerbebetrieb vortäuscht. Danach wird diese Person auch unter Beachtung der „Strohmann-Rechtsprechung“ nicht alleine durch die Rechnungsstellung unter ihrem Namen zum Leistenden, wenn sie die von den als Vertreter ohne Vertretungsmacht (§ 179 BGB) handelnden Hintermännern geschlossenen Verträge nicht genehmigt und ihr das Handeln der Hintermänner auch nicht nach den Grundsätzen einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht zugerechnet werden kann.

Mit BMF-Schreiben v. 07.07.2021 sind Regelungen hinsichtl. der Rechnungsangaben betreffend der Verwendung eines Aliasnamens und einer Zustellanschrift nach dem ProstSchG ergangen.

Praxishinweis

Es dürfen keine Zweifel bestehen, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsausstellung ausgeführt wurde

Das Recht auf Vorsteuerabzug kann ausnahmsweise auch geltend gemacht werden, wenn der Unternehmer im Besitz einer Rechnung ist, die nicht alle formellen Voraussetzungen erfüllt und die auch nicht berichtigt wurde. Entscheidend ist, dass die vorgelegten Beweismittel eine leichte und zweifelsfreie Feststellung der Voraussetzungen durch die Finanzbehörden, anderenfalls ist die Kontrollfunktion (einer Rechnung) nicht erfüllt. Hinsichtl. des Leistungszeitpunktes gilt jetzt, dass dieser sich im Einzelfall aus dem Rechnungsdatum ergeben kann, wenn keine Zweifel bestehen, dass die Leistung in dem Monat der Rechnungsstellung ausgeführt wurde. Solche Zweifel sollen insbes. dann bestehen, wenn das Zusammenfallen von Rechnungs- und Leistungsdatum nicht branchenüblich ist, der Rechnungsaussteller eine zeitnahe Abrechnung nicht regelmäßig durchführt oder bei der konkreten Leistung sonstige Zweifel am Zusammenfallen der Daten bestehen.

Verwendung einer Scheinfirma oder eines Scheinnamens in der Rechnung

Bisher geht die Verwaltung davon aus, dass der Vorsteuerabzug z. B. unter folgenden Umständen unzulässig ist: Bei Verwendung einer Scheinfirma oder eines Scheinnamens ergibt sich aus dem Abrechnungspapier kein Hinweis auf den tatsächlich leistenden Unternehmer (Hinweise auf den tatsächlich leistenden Unternehmer fehlen in der Regel in Rechnungen mit willkürlich ausgesuchten Firmenbezeichnungen und/oder unzutreffenden Anschriften sowie bei Rechnungen von zwar existierenden Firmen, die aber die Leistung nicht ausgeführt haben (z. B. bei Verwendung von echten Rechnungsformularen dieser Firmen ohne ihr Wissen oder bei gefälschten Rechnungsformularen)). Das gilt nach Ansicht der Verwaltung auch, wenn der Abrechnende bereits bei der Leistungsbewirkung unter dem fremden Namen aufgetreten ist oder (und das ist neu, vgl. Abschn. 15.2a Abs. 10 Satz 2 Nr. 1 UStAE), wenn die als Rechnungsaussteller bezeichnete Person einen auf ihren Namen lautenden Gewerbebetrieb vortäuscht, ohne tatsächlich selber direkt oder über einen rechtsgeschäftlichen Vertreter zivilrechtliche Vertragsbeziehungen mit dem Leistungsempfänger zu unterhalten.

Aliasnamen in der Rechnung

Lt. dem BMF-Schreiben v. 07.09.2021 war die Finanzverwaltung um eine Beurteilung des Verhältnisses der nach § 14 Abs. 4 UStG erforderlichen Rechnungsangaben und der Verwendung eines Aliasnamens nach § 5 Abs. 6 Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) gebeten worden. Nach umfangreichen Ausführungen stellt das BMF klar, dass unter den in Abschn. 14.5 Abs.2 UStAE geregelten Voraussetzungen zur Angabe des Name und der Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers in einer Rechnung auch die Verwendung eines Aliasnamens nach dem ProstSchG eine ausreichende Rechnungsangabe sein kann.

Links

BMF-Schr. v. 07.09.2021

BMF-Schr. v. 09.09.2021

Quelle

Bundesministerium der Finanzen

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