FG zur Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung bei fehlendem Hinweis auf § 25a UStG

Anmerkung zu: FG Düsseldorf, Urt. v. 23.05.2014, 1 K 2537/12 U, AO, Anwendbarkeit der Differenzbesteuerung bei fehlendem Hinweis auf § 25a UStG in der Rechnung

Praxisproblem

Der Umsatz von beweglichen körperlichen Gegenständen kann im Wege der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG besteuert werden. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer als Wiederverkäufer die Gegenstände von einem nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Verkäufer erwirbt und diese ohne Ausweis der Umsatzsteuer weiterveräußert. Dies bedeutet, dass auf der Rechnung die Umsatzsteuer nicht ausgewiesen werden darf. Zudem ist bei der Rechnungsstellung darauf zu achten, dass der Unternehmer auf die Anwendung der Regelungen der Differenzbesteuerung gesondert hinzuweisen hat (§ 14a UStG).

Bei der Differenzbesteuerung dient als Bemessungsgrundlage der Betrag, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt (§ 14a Abs. 3 UStG). Für diese Differenz bzw. Marge muss der Verkäufer Umsatzsteuer abführen. Hierbei ist ausschließlich nach § 14a Abs. 5 UStG der Regelsteuersatz anzuwenden.

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte in den Streitjahren 2006 bis 2008 aus ihrem Gewerbe „Kfz-Pflege und Kfz-Vermittlung“ Umsätze aus dem An- und Verkauf von PKW. Mangels Steuererklärungen schätzte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage und erließ Umsatzsteuerschätzungsbescheide für die Jahre 2006 bis 2007. Ebenso wurde ein Steuerstrafverfahren gegen die Klägerin eröffnet. Aus den beschlagnahmten Buchführungsunterlagen wurden durch den Prüfer die Brutto-Umsätze ermittelt. Aus der Prüfung ergab sich, dass die Anwendung der Differenzbesteuerung nicht möglich sei, da die erforderlichen Aufzeichnungen nicht vorlägen. Auch spreche gegen die Anwendung der Differenzbesteuerung, dass die Klägerin in den Rechnungen nicht auf diese hingewiesen habe.

Aufgrund des Berichts des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2007 und erließ ebenso einen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2008. Die Klägerin legte gegen die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2006 bis 2008 Einspruch ein, welche das Finanzamt mangels Begründung seitens der Klägerin mit Einspruchsentscheidung ablehnte.

Die Klägerin wendet sich mit ihren Klagen gegen die Höhe der vom Finanzamt geschätzten Umsätze. Zu Unrecht berufe sich das Finanzamt auf die Verletzung der Hinweispflicht nach § 14a Abs. 6 UStG bei der Anwendung der Differenzbesteuerung und berücksichtige somit Umsätze, die der Differenzbesteuerung unterliegen. In den Streitjahren wurden hauptsächlich Fahrzeuge von Privatpersonen gekauft und ohne Ausweis von Umsatzsteuer weiterverkauft. In der Buchführung der Klägerin seien die Ankäufe und Verkäufe dokumentiert und somit die Bemessungsgrundlage ersichtlich. Hierdurch werde der Sinn und Zweck des § 25a Abs. 6 erfüllt. Das Fehlen des Hinweises auf die Differenzbesteuerung sei somit unschädlich.

Das Finanzamt beantragte, die Klage abzuweisen, da mangels eines Hinweises auf die Differenzbesteuerung (§ 14a Abs. 6 UStG) diese nicht anwendbar sei; die erforderlichen Buch- und Belegnachweise seien unvollständig.

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass die Klage teilweise begründet ist. Dem Grunde nach seit das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlage berechtigt gewesen, jedoch sei die Höhe zu beanstanden.

Bei der Schätzung der von der Klägerin erzielten steuerpflichtigen Umsätze sei das Finanzamt zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Lieferungen von Fahrzeugen, welche die Klägerin ohne möglichen Vorsteuerabzug gekauft und ohne gesonderten Ausweis der Umsatzsteuer in der Rechnung, aber auch ohne Hinweis auf Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG weiterverkauft hat, dem Regelsteuersatz gem. § 12 Abs. 1 UStG unterfallen.

Die Differenzbesteuerung gem. § 25a Abs. 1 UStG beruhe auf Art 26a 6. EG-Richtlinie (jetzt Art. 312 MwStSystRL). Hiernach muss zur Anwendung der Vorschrift der Unternehmer ein Wiederverkäufer sein und die Gegenstände müssen ohne Umsatzsteuer an diesen im Gemeinschaftsgebiet geliefert worden sein. Hieraus ergebe sich, dass ausschließlich diejenigen Lieferungen dem Regelsteuersatz (§ 12 Abs. 1 UStG) unterliegen, bei welchen die Klägerin beim Ankauf einen Vorsteuerabzug geltend gemacht  oder beim Verkauf die Umsatzsteuer offen ausgewiesen habe.

Die Klägerinsei als Gebrauchtwagenhändlerin gem. § 25a Abs. 1 Nr. 1 UStG Wiederverkäuferin. Beachtet man die o.g. Voraussetzungen, unterfallen lediglich die Lieferungen dem Regelsteuersatz, bei denen die Klägerin entweder bei Ankauf einen Vorsteuerabzug in Anspruch genommen oder beim Verkauf die Umsatzsteuer offen in den Rechnungen ausgewiesen habe.

Die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG komme demnach dann zur Anwendung, wenn die Klägerin die gebrauchten Fahrzeuge von Privatpersonen und demnach ohne Vorsteuerabzugsmöglichkeit erworben habe und die Rechnungen der Verkäufe keine Umsatzsteuer ausweisen. Die Anwendung der Differenzbesteuerung sei auch dann möglich, wenn in den Rechnungen nicht auf die Anwendung des § 25a UStG hingewiesen wurde.

Zwar ergäbe sich aus § 14a Abs. 6 UStG ein zivilrechtlicher Anspruch des Leistungsempfängers auf die Erstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung des Wiederverkäufers, aber keine materiell-rechtliche Folge dergestalt, dass die Differenzbesteuerung nicht mehr anwendbar wäre (vgl. FG Münster, Urt. v. 18.05.2010, 15 K 4411/06 U).

Praxishinweis

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz wurden die Regelungen zu den Pflichtangaben in Rechnungen angepasst. Die Änderungen betreffen auch die Angaben im Zusammenhang mit Differenzbesteuerungen. Nunmehr müssen Rechnungen entweder den Hinweis „Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung“, „Kunstgegenstände/Sonderregelung“ oder „Sammlungsstücke und Antiquitäten/Sonderregelung“ enthalten. Anstelle der deutschen Begriffe können jedoch auch Formulierungen verwendet werden, die in anderen Amtssprachen verwendet werden (s. BMF-Schreiben v. 25.10.2013, BStBl. I 2013, 1305).

Die Hinweispflicht des § 14a UStG stellt keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anwendung des § 25a UStG dar. Eine Verletzung der Angaben im Zusammenhang mit der Differenzbesteuerung ziehen demnach keine umsatzsteuerrechtlichen Folgen nach sich. Zivilrechtlich hat der Leistungsempfänger jedoch einen Anspruch auf eine ordnungsgemäße Rechnung.