BFH-Urteil v. 16.10.2013, XI R 34/11 zur Besteuerung der Umsätze eines gemeinnützigen Reitsportvereins aus einer Pensionspferdehaltung

Praxisproblem

Betreibt ein gemeinnütziger Reitsportverein zusätzlich eine Pferdepension, so sind die Umsätze, die im Rahmen dieser Leistung erbracht werden, umsatzsteuerpflichtig.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts eingetragener gemeinnütziger Verein mit dem Zweck der „Förderung des Reitsports als Leistungs- und Freizeitbreitensport, sowie (der) Pflege und Erhaltung der Freude am Pferd“. Er verfügt über umfangreiche Reitanlagen und betreibt zudem eine Pferdepension. Im Streitjahr 2006 erbrachte er folgende Leistungen mit der Pferdepension: Gestellung von Einstellplätzen für Pferde einschließlich Reinigung (Entmistung), Lieferung von Streu und stallüblicher Fütterung, Pflege und Betreuung der Pferde, regelmäßige Besuche von Tierärzten, Physiotherapeuten und Hufschmieden sowie Anlagenbenutzung. Aus diesen Leistungen erzielte der Kläger Umsätze. Er beantragte in seiner Umsatzsteuererklärung die Umsätze aus der Pensionspferdehaltung gem. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG von der Umsatzsteuer zu befreien, hilfsweise aber gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG i.V.m. § 65 AO dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Das Finanzamt folgte dem Antrag des Klägers nicht und auch das FG wies die Klage ab.

Entscheidung

Der BFH hob das Urteil des FG auf und wies die Sache an dieses zurück. Er entschied, dass Dienstleistungen, die ein gemeinnütziger Reitsportverein im Rahmen einer Pensionspferdehaltung erbringt, von der der Umsatzsteuer befreit sein oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen können.

Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 22 Buchst. b UStG werden von den Leistungen des Vereins betreffend die Pensionspferdehaltung nicht erfüllt. Allerdings können diese Leistungen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der MwStSystRL) von der Umsatzsteuer befreit sein. Gemäß dieser Vorschrift sind bestimmte in engem Zusammenhang mit Sport und Körperertüchtigung stehende Dienstleis-tungen, die Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen erbringen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, von der Steuer befreit.

Voraussetzung ist, dass die Dienstleistungen zur Ausübung der Tätigkeiten, für die Steuerbefreiung gewährt wird, nicht unerlässlich sind und sie im Wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden.

Diese Bestimmung wurde vom UStG bislang nicht vollständig umgesetzt, so dass sich der Kläger auf die Bestimmungen einer Richtlinie, die inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, gegenüber allen nicht richtlinienkonformen innerstaatlichen Vorschriften berufen kann. Die Tätigkeiten, die steuerfrei sind, zählt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG hinreichend genau und unbedingt auf. Der BFH hat so bereits entschieden, dass für einen gemeinnützigen Reitverein, der wie der des Klägers ohne Gewinnstreben handelt und eine Pensionspferdehaltung betreibt, die begehrte Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 77/388/EWG in Betracht kommen kann (vgl. BFH, Urt. v. 19.02.2004, V R 39/02, BStBl. II 2004, 672).

Nach der Rechtsprechung des EuGH müssen die Dienstleistungen, welche mit dem Sport im engen Zusammenhang stehen, für die Ausübung des Sports „unerlässlich“ sein. Dies ist der Fall, wenn ohne die Dienstleistungen keine Gleichwertigkeit der Hauptleistung auf demselben Niveau und mit der gleichen Qualität gewährleistet wäre. Werden die Leistungen in Konkurrenz zu nicht steuerbegünstigten Unternehmen erbracht, scheidet eine Steuerbefreiung aus. Nicht steuerbefreite Dienstleistungen, die ein gemeinnütziger Reitsportverein im Rahmen einer Pensionspferdehaltung erbringt, können dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen. Demgemäß ermäßigt sich die Steuer auf 7 % für die Leistungen der Körperschaften, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Voraussetzung ist, dass die Leistungen nicht im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden.

Praxishinweis

Die Sache wurde an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückgewiesen. Jegliche Ausführungen und Feststellungen seitens des FG reichen zur abschließenden Beurteilung nicht aus. Das FG hat die Feststellungen nachzuholen.

Sollte das FG im Sinne des Klägers entscheiden, hat dies weitreichende Folgen für die Besteuerung der Umsätze eines gemeinnützigen Reitsportvereins aus einer Pensionspferdehaltung. Betroffene Unternehmen und Leistende mit vergleichbaren Sachverhalten sollten die Verfahrensentwicklung daher beobachten.