Anmerkung zu BMF-Schreiben v. 06.02.2014 zur Vermittlung grenzüberschreitender Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr durch Reisebüros

Praxisproblem

Nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG ist die Vermittlung grenzüberschreitender Personenbeförderungen im Luftverkehr von der Umsatzsteuer (USt) befreit, sofern sie nicht gegenüber dem Reisenden erfolgt (§ 4 Nr. 5 Satz 2 UStG). Reisebüros können bisher den Verkauf von Einzelflugscheinen für grenzüberschreitende Flüge an Reisende nach Abschn. 4.5.2 Abs. 1 UStAE als eine steuerfreie Vermittlungsleistung behandeln, wenn sie dabei für den Leistungsträger, mithin das die Beförderungsleistung erbringende Luftverkehrsunternehmen, z.B. im Rahmen eines Vermittlungsauftrags, tätig sind.

Durch Umstellung der Vertriebsstrukturen waren bei den Luftverkehrsunternehmen die alten Agenturverträge seit dem 01.09.2004 durch Vereinbarungen nach dem sog. Nullprovisionsmodell ersetzt worden. Nach der Einführung dieses Modells haben die Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen keinen garantierten Provisionsanspruch mehr gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen. Zum Teil ist eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen ausdrücklich ausgeschlossen.

Sachverhalt

Auf der Basis des Nullprovisionsmodells regelten Abschn. 4.5.2 Abs. 6 und Abschn. 10.1 Abs. 9 UStAE bisher, dass Reisebüros beim Verkauf von Flugscheinen die Vermittlungsleistungen gegenüber den Reisenden erbringen und gegenüber diesen hierfür regelmäßig als Gebühren bezeichnete Beträge (z.B. die sog. Service-Fee) erheben. Erhält ein Reisebüro dennoch eine Zahlung von einem Luftverkehrsunternehmen, ohne von diesem ausdrücklich zur Vermittlung beauftragt zu sein, ist diese Zahlung regelmäßig Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung. Nach den Umständen des Einzelfalls (z.B. auf der Grundlage eines gesonderten Dienstleistungsvertrags) kann aber auch ein Entgelt für eine gesonderte Leistung des Reisebüros an das Luftverkehrsunternehmen, die nicht in der steuerfreien Vermittlung einer Personenbeförderungsleistung besteht, oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen ein nicht steuerbarer Zuschuss vorliegen.

Entscheidung

Die Verwaltung hat mit BMF-Schreiben v. 06.02.2014 darauf reagiert, dass die bisherige Annahme, dass eine Zahlung von einem Luftverkehrsunternehmen an ein Reisebüro, ohne von diesem ausdrücklich zur Vermittlung beauftragt zu sein, regelmäßig Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung darstellt, den seit Einführung des sog. Nullprovisionsmodells festgestellten Sachverhalten nicht mehr hinreichend entspricht. Das BMF-Schreiben reagiert insbesondere auf zum 01.01.2013 angepasste Mustervereinbarungen der Branche, dass durch das Luftverkehrsunternehmen gegenüber dem Reisebüro sog. Incentives (z.B. Reisebüro-Boni, Marketingzuschüsse o.ä.) als Entgelt für besondere Vertriebsleistungen gewährt werden, wenn es die Erbringung von Leistungen des Luftverkehrsunternehmens in besonderem Maße fördert und bei Kundenberatungsgesprächen bevorzugt anbietet.

Nach dem BMF-Schreiben ist bei Zahlungen des Luftverkehrsunternehmens nicht mehr regelmäßig von einem Entgelt von dritter Seite für eine Vermittlungsleistung des Reisebüros auszugehen. Künftig muss in jedem Einzelfall auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen geprüft werden, welche Leistungen mit der Zahlung vergütet werden.

Erhält ein Reisebüro aufgrund vertraglicher Vereinbarungen von einem Luftverkehrsunternehmen Zahlungen, liegt einer solchen Entgeltzahlung regelmäßig eine im Rahmen eines Leistungsaustauschverhältnisses erbrachte Leistung des Reisebüros an das Luftverkehrsunternehmen zugrunde. Im Fall der seit 01.01.2013 gezahlten Incentives ist dies eine (Vertriebs-)Leistung eigener Art, die in der Bevorzugung des Luftverkehrsunternehmens gegenüber Mitbewerbern besteht und nicht nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfrei ist.

Liegt der Zahlung in anderen Fällen eine Vermittlungsleistung zugrunde, steht es der Anwendung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG nicht entgegen, wenn das sog. Nullprovisionsmodell vereinbart oder eine Vermittlungstätigkeit für das Luftverkehrsunternehmen anderweitig ausgeschlossen worden ist. Die Bezeichnung einer Vereinbarung (hier: sog. Nullprovisionsmodell) oder der anderweitige vertragliche Ausschluss einer Vermittlungstätigkeit allein kann das Vorliegen einer Vermittlungsleistung an den Luftverkehrsunternehmer nicht generell ausschließen. Dafür, dass eine nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfreie Vermittlungsleistung vorliegt, trägt das Reisebüro die Beweislast.

Zahlungen des Luftverkehrsunternehmens für die Bereitschaft des Reisebüros, die Erbringung von Leistungen des Luftverkehrsunternehmens in besonderem Maße zu fördern und in Kundengesprächen bevorzugt anzubieten, sind Entgelt für eine steuerpflichtige Vertriebsleistung eigener Art des Reisebüros gegenüber dem Luftverkehrsunternehmen. Erhält ein Reisebüro, das grenzüberschreitende Personenbeförderungsleistungen im Luftverkehr im Auftrag des Luftverkehrsunternehmens vermittelt, von diesem für den Flugscheinverkauf ein Entgelt, und erhebt es daneben einen zusätzlichen Betrag vom Reisenden (z.B. sog. Service-Fee), erbringt es beim Flugscheinverkauf eine nach § 4 Nr. 5 Satz 1 Buchst. b UStG steuerfreie Vermittlungsleistung an das Luftverkehrsunternehmen und gleichzeitig eine Vermittlungsleistung an den Reisenden.

Praxishinweis

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Für vor dem 01.04.2014 erbrachte Dienstleistungen eines Reisebüros im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Luftverkehr wird es – auch für die Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet, wenn Zahlungen der Luftverkehrsunternehmen ohne Prüfung im Einzelfall als Leistungsentgelte, als Entgelt von dritter Seite für die gegenüber dem Reisenden erbrachte Vermittlungsleistung oder in besonders gelagerten Ausnahmefällen als nicht steuerbarer Zuschuss behandelt werden.

Mit dem BMF-Schreiben sind insbesondere Abschn. 4.5.2 Abs. 6 und Abschn. 10.1 Abs. 9 Nr. 3 UStAE neu gefasst worden. Die bisher in Abschn. 4.5.2 Abs. 6 UStAE enthaltene Vereinfachungsregelung für die Aufteilung der Vermittlungsleistung gegenüber dem Reisenden auf der Basis der sog. Service-Fee in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil findet sich jetzt allein in Abschn. 10.1 Abs. 9 Nr. 6 UStAE.