Erneute Änderungen im Bereich der Investitionskontrolle

Unter dem Stichwort der Investitionskontrolle treibt die Bundesrepublik Deutschland die Verschärfung der Regelungen zum Erwerb inländischer Unternehmen durch Unionsfremde und Ausländer weiter voran.

Die in Kapitel 6 Abschn. 2 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) geregelte Investitionskontrolle sieht eine Vielzahl von Möglichkeiten vor, in denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Erwerb von inländischen Unternehmen durch Unionsfremde oder Ausländer prüfen und unter Umständen auch untersagen kann.

Sektorübergreifende und sektorspezifische Prüfungen

Im Rahmen der in § 55 ff. AWV geregelten sektorübergreifenden Prüfung hat das BMWi die Möglichkeit, den Erwerb eines inländischen Unternehmens oder den Erwerb einer Beteiligung an einem solchen durch einen Unionsfremden dahingehend zu überprüfen, ob dieser Erwerb die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder in Bezug auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse voraussichtlich beeinträchtigt. § 55 AWV nennt Fallgruppen besonders sicherheitsrelevanter Sektoren, in denen eine voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit insbesondere vorliegen kann. § 56 AWV legt die Höhe der Stimmrechtsanteile für relevante Beteiligungen fest. Erwerbe und relevante Beteiligungen sind dem BMWi zu melden. Das Ergebnis einer sektorübergreifenden Prüfung kann die Untersagung des Erwerbs bzw. der Beteiligung sein.

Neben der sektorübergreifenden Prüfung in § 55 ff. AWV sehen § 60 ff. AWV eine sektorspezifische Prüfung von Unternehmenserwerben vor. Im Rahmen dieser Prüfung besteht für das BMWi wiederum die Möglichkeit, den Erwerb eines inländischen Unternehmens oder den Erwerb einer Beteiligung an einem solchen zu überprüfen. In diesem Fall ist Prüfungsgegenstand, ob hierdurch wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind. Diese Prüfmöglichkeit ist eröffnet, wenn das betreffende Unternehmen in § 60 AWV bestimmte, dort genannte Güter aus dem Bereich Kriegswaffen, Rüstung und IT-Sicherheit entwickelt oder herstellt. Im Gegensatz zur sektorübergreifenden Prüfung, reicht es im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung bereits aus, wenn ein sog. Ausländer (aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat) die Rolle des Erwerbers einnimmt, oder wenn ein inländisches Umgehungsgeschäft vorliegt. § 60a AWV legt die Höhe der Stimmrechtsanteile für relevante Beteiligungen fest. Auch bei der sektorspezifischen Prüfung sind Erwerbe und relevante Beteiligungen dem BMWi zu melden, dieses kann den Erwerb oder die Beteiligung untersagen oder Anordnungen erlassen, um wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland zu gewährleisten.

Investitionskontrolle wurde bereits mehrfach erweitert

Änderungen der Investitionskontrolle gab es u. a. bereits durch die 15. AWV-Novelle im Juni 2020 und die 16. AWV-Novelle im Oktober 2020. Im Januar 2021 wurde nunmehr der Referentenentwurf für eine 17. AWV-Novelle veröffentlicht. Den Auftakt dieser Reihe von Novellierungen bildete u. a. das Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (EU-Screening-Verordnung) im April 2019, welches auch eine Anpassung der AWV erforderlich machte.      

Lag der Fokus der 15. AWV-Novelle vor dem Hintergrund der COVID-19 Pandemie noch auf dem Gesundheitssektor, wurde mit der 16. AWV-Novelle insbesondere die sektorübergreifende Prüfung dahingehend ausgeweitet, dass nunmehr nicht nur die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder in Bezug auf Projekte oder Programme von Unionsinteresse maßgebliches Kriterium sind. Auch wurde das Merkmal der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dadurch erweitert, dass bereits eine „voraussichtliche Beeinträchtigung“ der selbigen ausreicht.

Aktuell: Die 17. AWV-Novelle

Den Schwerpunkt der 17. AWV- Novelle liegt hingegen in der Erweiterung der Fallgruppen für die sektorübergreifende Prüfung von 11 auf 27. Waren bis jetzt vorrangig Unternehmen mit Bezug zu kritischen Infrastrukturen und solche aus dem Gesundheitssektor Gegenstand der sektorübergreifenden Prüfung nach § 55 ff. AWV, sollen im Rahmen der 17. AWV-Novelle nun unter anderem auch Unternehmen aus den Bereichen automatisiertes Fahren, Quantentechnologie und 3D-Druck, Nahrungsmittelversorgung oder auch Rohstoffgewinnung in deren Anwendungsbereich fallen. 

Auch die sektorspezifische Prüfung in § 60 ff. AWV soll mit der 17. AWV-Novelle eine Erweiterung ihres Anwendungsbereichs erfahren: Nun soll bereits die Entwicklung, Herstellung, Modifizierung sämtlicher Güter im Sinne des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste oder das Innehaben der tatsächlichen Gewalt über solche Güter eine Prüfungsmöglichkeit auslösen. In der aktuellen Fassung erfasst § 60 AWV hingegen nur die Herstellung oder Entwicklung bestimmter, durch Nennung der Güterlistenpositionen identifizierte Güter des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste.

Prüf- und Meldepflichten

Mit den fortlaufenden Verschärfungen der Regelungen der Investitionskontrolle und der Ausweitung der von der Investitionskontrolle betroffenen Fallgruppen ergeben sich für Unternehmen umfangreiche Pflichten zur Prüfung und Meldung von Unternehmenserwerben und entsprechender Beteiligungen.

Viele der bestehenden und mit der 17. AWV-Novelle neu eingeführten Fallgruppen knüpfen an bekannte Regelungen der Exportkontrolle an, etwa Güterlisten und – bezeichnungen sowie Produktkategorien.

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