EuGH zu zwingenden Rechnungsangaben

EuGH, Urt. v. 15.09.2016, C-516/14, Barlis 06

Praxisproblem

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG fordert für den Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger eine ordnungsgemäße Rechnung, die den Anforderungen von §§ 14, 14a UStG entspricht. Sofern eine Rechnung nicht die in §§ 14, 14a UStG normierten Mindestangaben enthält, wird dem Unternehmer der Vorsteuerabzug bislang versagt.

Gem. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 UStG muss eine Rechnung Angaben zur Menge und zur Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder zum Umfang und Art der sonstigen Leistung enthalten. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung sind handelsübliche Sammelbezeichnungen grundsätzlich zulässig, während lediglich allgemeine Bezeichnungen nicht ausreichend sind, Abschn. 14.5 Abs. 15 S. 3, 4 UStAE.

Der EuGH hatte in dieser portugiesischen Vorlage darüber zu entscheiden, wie detailliert die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung sein muss, inwieweit ein Leistungszeitraum anzugeben ist und welche Folgen eine formell nicht ordnungsgemäße Rechnung für das Recht auf Vorsteuerabzug hat.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt Hotels mit Restaurants. In den Jahren 2008 bis 2010 nahm die Klägerin die Dienste einer Anwaltskanzlei in Anspruch, über welche sie seitens des Leistungserbringers Rechnungen folgenden Inhalts erhielt: „…… vom ……….bis zum heutigen Tage erbrachte juristische Dienstleistungen.“ Eine Rechnung enthielt lediglich die Angabe „Bis zum heutigen Tage erbrachte juristische Dienstleistungen.“

Die Klägerin übte ihr Recht auf Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen aus. Nach einer Außenprüfung gelangten die Behörden zur der Ansicht, dass die Klägerin kein Recht zum Abzug der Mehrwertsteuer als Vorsteuer habe, da die Leistungsbeschreibung in den Rechnungen unzureichend sei. Die Angabe „juristische Dienstleistungen“ konkretisiere weder die erbrachten Dienstleistungen noch den Umfang der einzelnen oder aller Dienstleistungen. Dies sei vor dem Hintergrund bedeutsam, dass das portugiesische Mehrwertsteuerrecht für bestimmte juristische Dienstleistungen einen ermäßigten Steuersatz vorsehe. Daraufhin legte die Klägerin ergänzende Unterlagen vor, die eine detaillierte Beschreibung der fraglichen juristischen Dienstleistungen enthielten. Das FA verwehrte weiterhin den Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass die beigefügten Unterlagen keine den Rechnungen gleichwertigen Dokumente darstellten.  

Hiergegen richtet sich die Klägerin; sie ist der Auffassung, zumindest die ergänzenden Dokumente enthielten die geforderte ausführliche Leistungsbeschreibung.

Entscheidung

Der EuGH weist in seinem Urteil zunächst darauf hin, dass eine Rechnung nur die in Art. 226 MwStSystRL aufgeführten Angaben enthalten muss. Daraus folgt nach Auffassung des EuGH, dass die Mitgliedstaaten nicht darüber hinausgehend weitere Anforderungen aufstellen dürfen, um von diesen insbesondere das Recht auf Vorsteuerabzug abhängig zu machen.

Leistungsbeschreibung in einer Rechnung

Zur Ausführlichkeit der Leistungsbeschreibung in einer Rechnung und zur Angabe eines Rechnungsdatums hat der EuGH entschieden, dass diese Angaben dem Zweck dienen, den Steuerverwaltungen zu ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer als auch das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Im konkreten Fall soll die Angabe „juristische Dienstleistungen“ die Art der fraglichen Dienstleistungen und insbesondere deren Umfang nach Auffassung des EuGH grundsätzlich nicht ausreichend konkretisieren.  Auch ist der Zeitraum einer Leistungserbringung grundsätzlich dann als nicht ausreichend konkretisiert anzusehen, wenn dessen Beginn nicht auf der Rechnung aufgeführt ist. Der EuGH hat es nunmehr dem nationalen Gericht überlassen zu prüfen, ob die Rechnungsangaben im konkreten Fall als ausreichend angesehen werden und ob durch die von der Klägerin vorgelegten ergänzenden Dokumente eine Konkretisierung des Leistungsumfangs und des Leistungszeitraums insofern möglich ist, als diese einer Rechnung gleichgestellt werden können.

Vorsteuerabzugsrecht bei formell fehlerhafter Rechnung

Ferner hat der EuGH Stellung zur Frage genommen, welche Auswirkungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur Vorlage einer ordnungsgemäß erstellten Rechnung bestehen. Unter Verweis auf den Neutralitätsgrundsatz gibt der EuGH wiederum zu erkennen, dass die Nichterfüllung formeller Anforderungen in einer Rechnung nicht grundsätzlich zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen darf. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Daten verfügt, um zu prüfen, ob die Bedingungen für den Vorsteuerabzug gegeben sind. In diesem Zusammenhang ist die Finanzverwaltung insbesondere verpflichtet, die vom Steuerpflichtigen beigebrachten ergänzenden Informationen zu berücksichtigen. Der EuGH betont allerdings unter Verweis auf sein Urt. v. 28.07.2013, Evita-K, C-78/12, dass es der Steuerpflichtige sei, der die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs – ggf. mit sämtlichen ihm möglichen Belegen – nachzuweisen hat.

Praxishinweis

Wie sich den Schlussanträgen der Generalanwältin Kokott v. 18.02.2016 entnehmen lässt, musste sich der EuGH bislang nur in einem Verfahren mit den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in einer Rechnung beschäftigen, vgl. Urt. v. 28.07.2013, Evita-K, C-78/12 zur Lieferung von Gegenständen. Auch in diesem Fall überlässt der EuGH dem nationalen Gericht die Prüfung der Rechnungen dahingehend, ob diese die sich aus Art. 226 Nr. 6 und 7 MwStSystRL ergebenden Anforderungen erfüllen. Sollte das nationale Gericht dies verneinen, so hat es im Anschluss zu klären, ob die durch die Klägerin vorgelegten Dokumente als Rechnungsbestandteil anzusehen sind und die entsprechenden Angaben ergänzen. Der EuGH hat allerdings betont, dass die Angabe einer Leistungsbeschreibung und eines Leistungsdatums unerlässlich sind, um eine Prüfung der Entrichtung der Mehrwertsteuer durch  die Finanzverwaltung zu ermöglichen. Unternehmer sollten daher besonderes Augenmerk auf die Beschreibung der ihnen gegenüber abgerechneten Leistungen haben und im Zweifelsfall die Ergänzung des Leistungsgegenstandes verlangen.  

Wie auch in seinem Urteil vom selben Tage, Senatex, C-518/14, hat der EuGH wiederholt, dass alleine die Missachtung formeller Anforderungen aus einer Rechnung dann keine Rechtfertigung für die Versagung des Vorsteuerabzugs durch die Finanzverwaltung darstellt, wenn sie entweder bereits im Besitz von Information ist, um die Rechnungsinhalt zu überprüfen bzw. der Steuerpflichtige selbst ergänzende Informationen beibringt.

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