Betreiber einer Fotovoltaikanlage auf Privathaus als Unternehmer

EuGH, Urt. v. 20.06.2013 - Rs. C-219/12 – Thomas Fuchs

Praxisproblem

Das Mehrwertsteuersystem führt immer dann zu Begehrlichkeiten, wenn hohe Vorsteuerabzugsbeträge im Raum stehen. Da aber nur ein Unternehmer im Rahmen seiner besteuerten Umsätze zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, ist stets im Vorfeld einer Vorsteuerabzugsprüfung die Frage zu klären, ob der den Vorsteuerabzug Begehrende überhaupt Unternehmer sein kann. Dies ist immer dann problematisch, wenn die in Frage stehende Tätigkeit nur im geringen Umfang Einnahmen nach sich zieht, nicht lückenlos ausgeübt wird oder einen starken Bezug zu einer privaten Tätigkeit aufweist.

Exakt diese Problematik stellte sich dem vorlegenden österreichischen Gericht in Bezug auf eine auf einem Privathaus montierte Fotovoltaikanlage. Erfahrungsgemäß – und genau dies war im Vorlageverfahren der Fall – produziert der Voltaikbetreiber einer solchen Anlage wesentlich weniger Strom, als er privat verbraucht. Der EuGH musste die Frage beantworten, ob alleine dieser Umstand dazu führt, dass der Betreiber einer solchen Anlage letztlich als Privatperson handelt, der den Betrieb der Voltaikanlage alleine zur Strompreisreduzierung benutzt.

In Deutschland haben bislang Verwaltung (Abschn. 2.5 Abs. 1 UStAE) und Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 11.04.2008 – V R 10/07, BStBl. II 2009, 741; BFH, Urt. v. 19.07.2011 – XI R 29/09, BStBl. II 2012, 430; BFH, Urt. v. 14.03.2012 – XI R 26/11, HFR 2012, 789) den Voltaikanlagenbetreiber stets und vollumfänglich als Unternehmer behandelt, ihm folglich den aus der Errichtung der Voltaikanlage resultierenden Vorsteuerabzug gewährt, andererseits aber den Verkauf des Stroms der Umsatzsteuer unterworfen. Entscheidend ist bislang alleine, ob die in Rede stehende Anlage unmittelbar oder mittelbar mit dem allgemeinen Stromnetz verbunden ist.

Sachverhalt

Herr Fuchs errichtete 2005 auf dem Dach seines Wohnhauses eine Fotovoltaikanlage ohne Speichermöglichkeit. Er veräußert den gesamten von seiner Anlage produzierten Strom an einen Netzbetreiber. Im Zeitraum 2005 bis 2008 verbrauchte Herr Fuchs für den Bedarf seines Haushalts ca. 44.000 kWh, produzierte und verkaufte aus dem Betrieb seiner Voltaikanlage ca. 20.000 kWh und kaufte vom Netzbetreiber ca. 7.000 kWh zum selben Preis wie seinen gelieferten Strom vom Netzbetreiber zurück. Im Streit war der Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Voltaikanlage. Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug mit dem Hinweis, dass die von Herrn Fuchs betriebene Anlage technisch so ausgelegt sei, dass die von der Anlage erzeugte Strommenge dauerhaft die durch den Anlagenbetreiber insgesamt privat verbrauchte Strommenge unterschreite. Herr Fuchs sei daher kein Unternehmer.

Entscheidung

Der EuGH stellt bei der Frage, ob der Betreiber einer Voltaikanlage eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und damit als Steuerpflichtiger anzusehen ist, der zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, alleine darauf ab, dass:

  • der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit weit zu verstehen ist;
  • die netzgeführte Voltaikanlage auf oder neben einem Wohnhaus ihrer Art nach zwar sowohl zu wirtschaftlichen als auch privaten Zwecken genutzt werden kann,
  • im Ausgangsfall der erzeugte Strom aber gegen Entgelt auf unbestimmte Zeit an den Netzbetreiber geliefert worden sei
  • und der Rückkauf des letztlich privat verbrauchten Stroms unbeachtlich sei, da eine Zuordnung und Identitätsbestimmung des in Rede stehenden Wirtschaftsguts Strom nach seiner Einspeisung in das Netz gar nicht möglich sei.

Ausdrücklich stellt der EuGH klar, dass das Verhältnis zwischen der Menge des erzeugten Stroms einerseits und der des verbrauchten Stroms andererseits für die Einstufung der Lieferung als wirtschaftliche Tätigkeit unbeachtlich sei.

Praxishinweis

Die Aussagen des EuGH bestätigen die bisherige Handhabung in Deutschland. Damit kann der Betreiber einer Voltaikanlage – so er seinen Strom vollumfänglich an den Netzbetreiber veräußert – weiterhin den Vorsteuerabzug geltend machen. Hätte der EuGH anders entschieden, hätte in Deutschland die Frage nach einer möglichen Vorsteuerberichtung gem. § 15a Abs. 1 UStG in allen Altfällen erörtert werden müssen. Zur besonderen Problematik der Bestimmung der Bemessungsgrundlage und der Vorsteuerbegrenzung im Falle des Rückkauf eines bestimmten Anteils des erzeugten Strom durch den Anlagenbetreiber; vgl. Abschn. 2.5 Abs. 3 – 5 UStAE.