Anwendungsfragen zur Verlängerung der Steuererklärungsfrist und der zinsfreien Karenzzeit

Anmerkung zu: BMF-Schr. v. 15.04.2021

Praxisproblem

Angesichts der durch die Corona-Pandemie verursachten Ausnahmesituation wurden die Frist zur Abgabe der Steuererklärung in beratenen Fällen (§ 149 Abs. 3 AO) und die zinsfreie Karenzzeit (§ 233a Abs. 2 AO) für den Veranlagungszeitraum 2019 durch Art. 97 § 36 EGAO i. d. F. d. G. v. 15.02.2021 (BGBl I 2021, 237) um 5 bzw. 6 Monate verlängert. Das BMF-Schreiben v. 15.04.2021 soll die sich hieraus ergebenden Anwendungsfragen (u. a. zum Verspätungszuschlag) beantworten.

Sachverhalt

Wenn Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften i. S. d. §§ 3 und 4 StBerG mit der Erstellung der in § 149 Abs. 3 AO genannten Erklärungen (u. a. USt-, ESt- und KSt-Erklärungen) beauftragt sind (beratene Fälle), sind diese Erklärungen regulär spätestens bis zum letzten Tag des Monats Februar des zweiten auf den Besteuerungs­zeitraum folgenden Kalenderjahres abzugeben (für 2019 also regulär bis Ende Februar 2021). Für den Veranlagungszeitraum 2019 (nur für diesen) wurde die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen in den beratenen Fällen gesetzlich um 6 Monate verlängert, also bis zum 31.08.2021.

Entscheidung

Das BMF-Schreiben v. 15.04.2021 gibt dazu weitere Erläuterungen.

Praxishinweis

Die Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen in beratenen Fällen können gem. § 109 Abs. 2 AO nur (über den 31.08.2021 hinaus) verlängert werden, falls der Steuerpflichtige und sein Vertreter oder Erfüllungsgehilfe nachweislich ohne Verschulden verhindert sind oder waren, die Frist einzuhalten. Bei der Entscheidung über einen Antrag auf Fristverlängerung über den 31.08.2021 muss das FA die von der Rechtsprechung zum Vorliegen einer „unverschuldeten Verhinderung“ entwickelten Grundsätze beachten.

Wird die Steuererklärung erst nach dem 31.08.2021 abgegeben, ohne dass die Erklärungsfrist über den 31.08.2021 hinaus (ggf. rückwirkend) verlängert wurde, liegt Erklärungssäumnis vor. In diesem Fall ist ein Verspätungszuschlag – grds. von Amts wegen - festzusetzen (gebundene Entscheidung).

Die gesetzliche Verlängerung der Erklärungsfrist gilt nicht für die in § 149 Abs. 3 AO genannten Steuer- und Feststellungserklärungen, die vom Steuerpflichtigen selbst erstellt werden (nicht beratene Fälle). Steuererklärungen, die sich auf ein Kalenderjahr oder auf einen gesetzlich bestimmten Zeitpunkt beziehen, sind in diesen Fällen vorbehaltlich anderweitiger abweichender gesetzlicher Bestimmungen spätestens 7 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres oder 7 Monate nach dem gesetzlich bestimmten Zeitpunkt abzugeben. Die Erklärungsfrist kann in den vorgenannten Fällen nach § 109 Abs. 1 Satz 1 AO - im Regelfall auf Antrag - verlängert werden. Dabei ist nach dem BMF-Schreiben unerheblich, ob bzw. inwieweit der Steuerpflichtige die Fristverletzung verschuldet hat oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob es unbillig wäre, die mit dem Fristablauf verbundenen Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Die Finanzbehörde kann eine Fristverlängerung in den vorgenannten Fällen auch rückwirkend gewähren, wenn es unbillig wäre, die durch den Fristablauf ein­getretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen. Durch eine rückwirkende Fristverlängerung werden durch den Fristablauf bereits eingetretene Rechtsfolgen wieder beseitigt.

Der Zinslauf der Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen nach § 233a AO („Vollverzinsung“) beginnt nach § 233a Abs. 2 Satz 1 AO allgemein 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Aufgrund der Gesetzesänderung für den besteuerungszeitraum 2019 beginnt der „allgemeine“ Zinslauf der Vollverzinsung erst am 01.10.2021. Die gesetzliche Verlängerung der Karenzzeit gilt gleichermaßen für Nachzahlungs- wie für Erstattungszinsen. Sie ist nicht auf beratene Fälle beschränkt.

Link

BMF-Schr. v. 15.04.2021

Quelle

Bundesministerium der Finanzen

 

 

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