BFH zur Frage einer Steuerermäßigung von Nebenleistungen zur Beherbergung

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 01.03.2016, XI R 11/14

Praxisproblem

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG gilt die Steuerermäßigung für die kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn es sich um Nebenleistungen zur Beherbergung handelt und diese Leistungen mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind (Aufteilungsgebot). Unter dieses Aufteilungsgebot fallen insbesondere Verpflegungsleistungen (z.B. Frühstück, Halb- oder Vollpension, „All inclusive“).

Hinsichtlich der ebenfalls steuerermäßigten kurzfristigen Vermietung von Campingflächen nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ist es für die Steuerermäßigung unschädlich, wenn auf der überlassenen Fläche auch das zum Transport des Zelts bzw. zum Ziehen des Wohnwagens verwendete Fahrzeug abgestellt werden kann (vgl. auch Abschn. 12.16 Abs. 7 Satz 3 UStAE).

In dem Revisionsverfahren XI R 11/14 vor dem BFH war streitig, ob bei Hotelübernachtungen die Einräumung von Parkmöglichkeiten (Gestellung von Pkw-Stellplätzen) an Hotelgäste als Nebenleistung zur Übernachtungsleistung ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz unterfällt  oder ob für die Parkplatzgestellung – wie hinsichtlich der Frühstücksleistungen – das Aufteilungsgebot gilt und der Regelsteuersatz anzuwenden ist.

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb im Besteuerungszeitraum 2010 (Streitjahr) im ländlichen Raum in unmittelbarer Nähe zu einer Autobahn ein Hotel mit Restaurants sowie Wellness-, Beauty- und Fitnessbereichen. Für die Gäste, unabhängig davon, ob diese im Hotel übernachteten oder nur das Restaurant oder den Sauna- und Wellnessbereich besuchten, standen am Hotel Parkmöglichkeiten zur Verfügung (140 Pkw- sowie 10 Lkw-Stellplätze). Die von der Klägerin vorgehaltenen Parkmöglichkeiten reichten bei voller Belegung des Hotels für die Hälfte der Hotelgäste aus. Die Klägerin prüfte nicht, ob ein Hotelgast mit einem Kfz. angereist war und ob er einen der hoteleigenen Parkplätze nutzte. Dementsprechend wurde den Gästen eine Parkplatznutzung nicht in Rechnung gestellt. Die Klägerin setzte in ihrer Umsatzsteuererklärung ihre Umsätze aus Beherbergungsleistungen mit dem ermäßigten Steuersatz an. Die (kalkulatorischen) Kosten für das Frühstück sowie für die Nutzung der Fitness- und Saunaeinrichtungen unterwarf sie dem Regelsteuersatz von 19 %. Dagegen nahm sie für die Nutzung der hoteleigenen Parkplätze keine Abgrenzung vor. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Einräumung von Parkmöglichkeiten mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern sei und schätzte die kalkulatorischen Kosten hierfür mit 1,50 € (netto) pro Hotelgast.

Das Niedersächsische FG (Urt. v. 16.01.2014, 5 K 273/13) hatte der Klage stattgegeben. Das Vorhalten von Parkplätzen sei im Streitfall als Nebenleistung zur Beherbergung anzusehen, da sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Wert habe, sondern allein dazu diene, die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Es seien nur solche Nebenleistungen dem begünstigten Steuersatz zu unterwerfen, die unmittelbar der Vermietung dienen. Welche Leistungen hierunter fallen, sei im Gesetz nicht geregelt. Im Streitfall stehe für die Gäste die eigentliche Logisleistung im Vordergrund. Die Hotelgäste wollten in dem Hotel übernachten. Das Bereithalten hoteleigener Parkplätze habe für sie keinen eigenständigen Nutzen, sondern stelle nur einen besonderen Service der Klägerin an die Gäste dar, die es ihnen erlaube, die Übernachtungsleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Jedenfalls dann, wenn – wie hier – über die Inanspruchnahme eines Parkplatzes zwischen Hotelier und Gast keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde, die Inanspruchnahme eines Parkplatzes nicht geprüft werde und die Verfügbarkeit eines Parkplatzes für jeden Hotelgast nicht gewährleistet sei, bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Nutzung der vorgehaltenen Parkplätze und der Übernachtungsleistung.

Entscheidung

Der BFH hat entgegen dem FG entschieden, dass bei Übernachtungen in einem Hotel nur die unmittelbar der Vermietung (Beherbergung) dienenden Leistungen des Hoteliers dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % unterliegen. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten an Hotelgäste gehöre nicht dazu; sie sei mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern. Das gilt auch dann, wenn hierfür kein gesondertes Entgelt berechnet wird. Zwar könne im Sinne einer Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung, die Einräumung von Parkmöglichkeiten an Hotelgäste eine Nebenleistung zur Beherbergungsleistung darstellen. Die Einräumung solcher Parkmöglichkeiten diene aber entgegen der Auffassung des FG nicht i.S.v.  § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG unmittelbar der Vermietung und sei deshalb von der Steuerermäßigung ausgenommen.

Praxishinweis

Der BFH hatte bereits mit Urteil v. 24.04.2013, XI R 3/11 die Auffassung der Finanzverwaltung hinsichtlich der Anwendung des Regelsteuersatzes auf (unselbstständige) Verpflegungsleistungen bestätigt. Die Steuerermäßigung gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen, auch wenn es sich um Nebenleistungen zur Beherbergung handelt und diese mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind (sog. Aufteilungsgebot, Abschn. 12.16 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Der Grundsatz, dass die (unselbstständige) Nebenleistung das Schicksal der Hauptleistung teilt, wird von dem Aufteilungsgebot verdrängt. Denn das gesetzlich normierte Aufteilungsgebot für einheitliche Leistungen geht nach dem BFH-Urteil v. 24.04.2013, XI R 3/11, BStBl. II 2014, 86 den allgemeinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Haupt- und Nebenleistung vor. Somit unterliegen auch nach dem BMF-Schreiben v. 09.12.2014 nur die unmittelbar der Vermietung (Beherbergung) dienenden Leistungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz. Verpflegungsleistungen gehören nicht dazu; sie sind dem allgemeinen Steuersatz zu unterwerfen. Das gilt auch dann, wenn die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden (vgl. Abschn. 12.16 Abs. 11 und 12 UStAE zur Aufteilung eines pauschalen Gesamtpreises in derartigen Fällen).

Bereits nach bisheriger Verwaltungsauffassung liegt keine nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG begünstigte Beherbergungsleistung vor, wenn die Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen – anders als im vorliegenden Streitfall – zwischen Gast und Hotelier gesondert vereinbart worden ist (vgl. Abschn. 12.16 Abs. 5 Spiegelstrich 3 UStAE). Ist die Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen – wie im Streitfall – nicht gesondert vereinbart, war bisher umstritten, ob die Überlassung von Parkplätzen unter die Steuerermäßigung fällt. Die Finanzverwaltung beanstandet es aus Vereinfachungsgründen nicht, wenn u.a. die Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen in der Rechnung zu einem Sammelposten für in einem Pauschalangebot enthaltene, nicht steuerbegünstigte Leistungen zusammengefasst wurde (Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE), geht also davon aus, dass auch die nicht gesondert vereinbarte Überlassung von Parkplätzen dem Regelsteuersatz unterliegt. Dies hat der BFH nunmehr auch für solche Fälle bestätigt. Die Einräumung von Parkmöglichkeiten dient damit nicht der Inanspruchnahme der Beherbergungsleistung, sondern der Verwahrung eines vom Hotelgast ggfs. mitgeführten Fahrzeugs.

Wie das einheitliche Entgelt hinsichtlich des normalversteuerten Leistungsanteils der Parkplatzgestellung aufzuteilen ist, dürfte, wenn der betroffene Unternehmer nicht von der Pauschalregelung nach Abschn. 12.16 Abs. 12 UStAE Gebrauch machen will, regelmäßig Ergebnis einer sachgerechten Schätzung nach kalkulatorischen Kosten sein. Hierbei spielt auch eine Rolle, ob Parkplätze ausschließlich Hotelbesuchern oder auch fremden Dritten zur Verfügung stehen.

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