BFH zur Beendigung der Konzernbesteuerung mit Insolvenzeröffnung

Anmerkung zum BFH, Beschl. v. 19.03.2014, V B 14/14

Praxisproblem

Liegen die Voraussetzungen für eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft vor, so führt dies zu einer Zusammenfassung mehrerer Unternehmen zu einem Steuerpflichtigen. Dies hat zur Konsequenz, dass Leistungsbeziehungen zwischen diesen Unternehmen nicht mehr besteuert werden. Der Organträger wird – auch für die Umsätze, die Organgesellschaften gegenüber Dritten ausführen – zum Steuerschuldner. Zivilrechtlich steht dem Organträger ein Ausgleichsanspruch gegen die Organgesellschaften in dem Umfang zu, in dem die Steuerschuld des Organträgers auf der Umsatztätigkeit einer Organgesellschaft beruht. Das Konzept der Organschaft soll nach ihrer gesetzlichen Konzeption der Steuervereinfachung dienen.

Sachverhalt

In dem vorliegenden Sachverhalt hatte die Antragstellerin und Organträgerin sechs Tochtergesellschaften, an welchen sie unmittelbar oder mittelbar Alleingesellschafterin war. Über das Vermögen der Organträgerin und der Tochtergesellschaften wurde im Jahr 2012 ein Insolvenzverfahren eröffnet. Die Organträgerin beantragte Eigenverwaltung und in der Folge wurde für sie und ihre Organgesellschaften ein Sachverwalter bestellt. Das Finanzamt nahm an, dass die umsatzsteuerliche Organschaft weiter Bestand hätte, und erließ gegen die Organträgerin einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid, welcher die Umsatzsteuervoranmeldungen der Organträgerin und der Organgesellschaften zusammenfasste. Die Organträgerin ging hingegen davon aus, dass die Organschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht weiter fortbestanden habe. In dem daraufhin eröffneten Klageverfahren verneinte das zuständige Finanzgericht, ebenso wie das Finanzamt, ernstliche Zweifel am Fortbestand der Organschaft. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hob der BFH den Beschluss des Finanzgerichts auf und gab dem Antrag statt. Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus.

Entscheidung

Der BFH entschied mit Beschluss v. 19.03.2014, V B 14/14, dass im Falle einer Insolvenzeröffnung ernsthafte Zweifel am Fortbestand einer umsatzsteuerlichen Organschaft bestehen. Hierbei komme es nicht darauf an, ob das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter bestelle oder Eigenverwaltung anordne und ob der Organträger oder eine Organgesellschaft insolvent sei.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass aufgrund der Insolvenzeröffnung nur noch eingeschränkt die Möglichkeit zur Anspruchsdurchsetzung aufrechterhalten werden könne. Denn die geschuldete Umsatzsteuer, welche auf die Umsätze der Organgesellschaften entfalle, stelle im Insolvenzverfahren des Organträgers keine Masseverbindlichkeit dar und könne daher nicht durch einen Steuerbescheid gegen den Organträger vom Finanzamt festgesetzt werden. Ebenso bestehe für den Organträger, sollte er bereits Umsatzsteuer für Organgesellschaften abgeführt haben, kein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch.

Darüber hinaus werde durch die Bestellung eines Insolvenzverwalters die Voraussetzung der organisatorischen Eingliederung nicht mehr erfüllt, da es an der Willensdurchsetzung des Organträgers innerhalb der Organgesellschaft fehle. Demnach könne eine umsatzsteuerliche Organschaft im Falle einer Insolvenz nicht mehr vorliegen.

Praxishinweis

Die Entscheidung im Hauptsacheverfahren steht noch aus. Organgesellschaften haben insbesondere auf die Konsequenzen, welche sich durch die Auflösung der umsatzsteuerlichen Organschaft im Falle der Insolvenz ergeben, zu achten. Die Leistungsbeziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft lösen sodann Umsatzsteuer aus und erfolgte Transaktionen stellen keine nichtsteuerbaren Innenumsätze mehr dar. Auf der anderen Seite schuldet die Organträgerin nicht mehr die Umsatzsteuer für die Organgesellschaften.