Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen und bei Gebäudereinigungsleistungen

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 08.05.2014, IV D 3 - S 7279/11/10002-03 zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG und bei Gebäudereinigungsleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 5 i.V.m. Abs. 2 Nr. 8 UStG in Folge des BFH-Urteils v. 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. I 2014, 128 (Zweites BMF-Schreiben nach dem BMF-Schreiben v. 05.02.2014 - IV D 3 - S 7279/11/10002 (2014/0120973), BStBl. I, 233)

Praxisproblem

Der BFH hat mit Urteil v. 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. II 2014, 128 die gesetzlichen Regelungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG ausgelegt. Nach der Entscheidung sind die Vorschriften einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es nach dem BFH-Urteil entgegen Abschn. 13b.3 Abs. 2 UStAE (a.F.) nicht an. Im Übrigen ist es nach dem BFH-Urteil entgegen der Vereinfachungsregelung in Abschn. 13b.8 UStAE (a.F.) nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beteiligten über die Handhabung der Steuerschuldnerschaft ursprünglich einig waren oder nicht.

Die Verwaltung hatte mit BMF-Schreiben v. 05.02.2014, BStBl. II 2014, 128 auf die BFH-Entscheidung reagiert und das Urteil in vollem Umfang für nach dem 14.02.2014 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt) ausgeführte Umsätze umgesetzt.

Hintergrund

Das BMF-Schreiben v. 05.02.2014 enthält keine Regelungen, wie Anzahlungen behandelt werden sollen, die für nach dem 14.02.2014 ausgeführte (beendete) Bauleistungen oder für Gebäudereinigungsleistungen vor dem 15.02.2014 geleistet worden sind und bei denen die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers angewendet worden ist, obwohl nach dem BFH- Urteil v. 22.08.2013 der leistende Unternehmer die Steuer schuldet. Bei nach dem 14.02.2014 ausgeführten Bauleistungen bzw. Gebäudereinigungsleistungen ist in Anwendung des BFH-Urteils v. 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. II 2014, 128 der Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldner nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 und 8 i.V.m. mit Abs. 5 Satz 2 und 5 UStG, wenn er den an ihn erbrachten Umsatz für eine Bauleistung bzw. Gebäudereinigungsleistung verwendet. Wird die an den Unternehmer ausgeführte Bauleistung bzw. Gebäudereinigungsleistung von ihm nicht für eine Bauleistung bzw. Gebäudereinigungsleistung verwendet, ist der leistende Unternehmer Steuerschuldner. Bei nach dem 14.02.2014 ausgeführten Bauleistungen bzw. Gebäudereinigungsleistungen, für die infolge des BFH-Urteils v. 22.08.2013 der leistende Unternehmer die Steuer schuldet, hat der leistende Unternehmer eine Rechnung auszustellen, in der er auch den anzuwendenden Steuersatz und den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag anzugeben hat (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 8 UStG).

Zum Inhalt des BMF-Schreiben

Mit dem BMF-Schreiben v. 08.05.2014 wird zur Vermeidung von Abrechnungsproblemen bei den Unternehmern eine Vereinfachungsregelung bei vor dem 15.02.2014 geleisteten Anzahlungen für Bauleistungen getroffen, die nach dem 14.02.2014 ausgeführt werden.
Außerdem wird durch das BMF-Schreiben v. 08.05.2014 klargestellt, dass die Nichtbeanstandungsregelung auf Seite 4 des BMF-Schreibens v. 05.02.2014 auch bei Bauleistungen eines Unternehmers gilt, mit deren Ausführung vor dem 15.02.2014 begonnen worden ist (vgl. neu gefasster Abs. 5 des BMF-Schreibens v. 05.02.2014).

Ergänzend regelt das BMF-Schreiben v. 08.05.2014, dass der Nachweis durch den Unternehmer, dass der Leistungsempfänger die von ihm erbrachte Bauleistung selbst zur Erbringung einer Bauleistung verwendet, auch mit einer entsprechenden, bspw. in den Vertrag aufgenommenen Bestätigung des Leistungsempfängers hierüber erbracht werden kann (vgl. Abschn. 13b.3 Abs. 2 Sätze 2 und 3 (neu) UStAE).

Weiterhin wird redaktionell klargestellt, dass ein Organkreis auch dann Steuerschuldner für eine an eine Organisationseinheit des Organkreises erbrachte Bauleistung ist, wenn diese Leistung durch eine andere Organisationseinheit des Organkreises für eine Bauleistung verwendet wird (vgl. den neugefassten Abschn. 13b.3 Abs. 7 UStAE).

Nach § 13b Abs. 5 Satz 6 UStG ist ein Unternehmer, der die Voraussetzungen des § 13b Abs. 5 Satz 2 bzw. Satz 5 UStG erfüllt, als Leistungsempfänger bei Bauleistungen und Gebäudereinigungsleistungen auch dann Steuerschuldner, wenn die Leistung für den nichtunternehmerischen Bereich erbracht wird. Aufgrund des BFH-Urteils v. 22.08.2013 gehen diese Regelungen nunmehr insoweit ins Leere. Entsprechend wurde Abschn. 13b.3 Abs. 12 UStAE gestrichen.

Praxishinweis

Hinsichtlich der Schlussrechnung über nach dem 14.02.2014 erbrachte Leistungen bei Abschlagszahlungen vor dem 15.02.2014 wird es nach dem BMF-Schreiben v. 08.05.2014 nicht beanstandet, wenn in der Schlussrechnung nur das um das vor dem 15.02.2014 vom leistenden Unternehmer vereinnahmte Entgelt oder die vereinnahmten Teile des Entgelts geminderte Entgelt zugrunde gelegt wird. Voraussetzung hierfür ist, dass diese Anzahlung(en) vom Leistungsempfänger in zutreffender Höhe versteuert (= in einer Voranmeldung oder in einer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr angemeldet) wurde(n). Auch in derartigen Fällen sind die Rechnungen, mit denen über die Anzahlungen abgerechnet wurde, nicht zu berichtigen. Die nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG angemeldete Umsatzsteuer auf Anzahlungen für bezogene Bauleistungen ist nicht zu berichtigen (vgl. die Beispiele in dem BMF-Schreiben).

Vereinnahmt der leistende Unternehmer das Entgelt oder Teilentgelt für nach dem 14.02.2014 ausgeführte Bauleistungen bzw. Gebäudereinigungsleistungen, für die nunmehr der leistende Unternehmer die Steuer schuldet, nach dem 14.02.2014, ist er Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG). Ist die hierfür vom leistenden Unternehmer erstellte Rechnung vor dem 15.02.2014 erstellt worden und wurde die Umsatzsteuer nicht gesondert ausgewiesen, sondern der Leistungsempfänger als Steuerschuldner behandelt, ist die Rechnung entsprechend zu berichtigen (vgl. das Beispiel in dem BMF-Schreiben).

Zur Frage eines Vertrauensschutzes bei der Inanspruchnahme des leistenden Unternehmers bei Bauleistungen, bei denen aufgrund des BFH-Urteils v. 22.08.2013 der Leistungsempfänger nicht die Steuer schuldet, ergeht (wie auch schon in dem BMF-Schreiben v. 05.02.2014 angekündigt) ein gesondertes BMF-Schreiben.

Unternehmer, die aufgrund des BFH-Urteils v. 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. II 2014, 128 Anträge auf Änderung der Umsatzsteuerfestsetzung stellen, weil sie begehren, nicht mehr als Leistungsempfänger der Steuerschuldner für die Umsatzsteuer bei bezogenen Bauleistungen (§ 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG) zu sein, dürften damit rechnen können, vom Finanzamt zur Ermittlung des Sachverhalts um Auskünfte bzw. Unterlagen für die einzelnen Bauleistungen gebeten zu werden.