FG Berlin-Brandenburg zum steuerfreien Ausfuhrlieferungen bei nachträglicher Konkretisierung

Anmerkung zu FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.02.2014, 5 K 5235/12, Revision zugelassen

Praxisproblem

Wird ein Gegenstand von einem Unternehmer in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet, so liegt gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Ausfuhrlieferung vor. Diese ist von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 1 Buchst. a UStG), wenn die Voraussetzungen für eine Ausfuhrlieferung gem. § 6 Abs. 4 Satz 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen werden. Der Ausfuhrnachweis sollte nach § 10 Abs. 1 UStDV in den Streitjahren regelmäßig durch einen Versendungsbeleg, insbesondere durch Frachtbrief, Konnossement, Posteinlieferungsschein oder deren Doppelstücke oder durch einen sonstigen handelsüblichen Beleg, insbesondere durch eine Bescheinigung des beauftragten Spediteurs oder durch eine Versandbestätigung des Lieferers geführt werden. [Aktuell ist der Ausgangsvermerk nach § 10 Abs. 1 UStDV der Regelfall des Belegnachweises].

Sachverhalt

Die Klägerin exportierte in den Streitjahren 2007 bis 2008 in größerem Umfang Gebrauchsgegenstände. In 2010 fand eine Betriebsprüfung bei der Klägerin statt. Nach Ansicht des Prüfers waren die Voraussetzungen für steuerfreie Ausfuhrlieferungen nicht immer gegeben, da die Klägerin als Artikelbezeichnung Sammelbezeichnungen angab oder lediglich Artikelnummern ohne weitere Angaben aufführte. Zudem seien den Rechnungen nur die Summe der verkauften Gegenstände sowie eine Gesamtsumme zu entnehmen. Demnach war die Identifikation der ausgeführten Gegenstände nicht möglich und die Steuerfreiheit zu verwehren. Die Steuerfreiheit sei allerdings schon allein deswegen zu verneinen, weil die erforderlichen Buchnachweise von der Klägerin nicht erbracht wurden. Das Finanzamt (Beklagter) erließ daraufhin geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre.

Entscheidung

Das FG Berlin-Brandenburg entschied, dass sowohl die Buch- als auch die Belegnachweise bis zur mündlichen Verhandlung beim Finanzgericht hinsichtlich unklarer bzw. unvollständiger Angaben noch nachträglich präzisiert bzw. ergänzt werden können, vorausgesetzt, dass eine Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen sind.

Die Ausfuhrnachweise seien (im Streitjahr) nicht nur durch die in § 10 UStDV aufgeführten Belege durch den Unternehmer zu führen, denn bei dieser Regelung handele es sich um eine Sollvorschrift. Die Nachweise könnten auch auf andere Weise, wie beispielsweise durch das Exemplar Nr. 3 der Einheitspapiere, soweit diese jeweils mit einem Ausfuhrvermerk der Ausgangszollstelle versehen sind und wenn sich zudem aus den Einheitspapieren im Zusammenhang mit den Rechnungen und den dazu später gefertigten Anlagen alle Angaben ergeben, die der Unternehmer im Rahmen des Belegnachweises nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStDV nachzuweisen hat, geführt werden. Würden wie im vorliegenden Sachverhalt auf den Rechnungen von geringwertigen Gebrauchsgegenständen lediglich Sammelbezeichnungen verwendet, so könne der Mangel einer nicht hinreichend konkreten handelsüblichen Bezeichnung vom Unternehmer korrigiert werden, indem er nachträglich eine Anlage zu den einzelnen Rechnungen erstelle. Hierbei sei eine Aufführung der Artikelnummern nicht zwingend erforderlich.

Praxishinweis

Für Unternehmer ergibt sich aus dem Urteil, dass bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung sowohl Korrekturen an den Buch- als auch an den Belegnachweisen vorgenommen werden können. Unvollständig geführte Buchnachweise dürfen somit nachträglich vervollständigt werden, solange eine Gefährdung des Steueraufkommens und eine Beeinträchtigung der Steuererhebung ausgeschlossen ist. Ebenso müssen sich die Angaben des § 13 Abs. 2 UStDV nicht zwangsläufig aus der Buchführung ergeben, sondern können sich auch aus der per Rechnungsnummer im Belegfeld gekennzeichneten Rechnung nebst Ausfuhrbelegen nachprüfen lassen. Ebenso wird durch das Urteil das Führen der Belegnachweise vereinfacht. Bei Rechnungen für Waren mit einem Stückpreis im zweistelligen oder niedrigen dreistelligen Euro-Bereich, bei welchen die Artikelbezeichnung lediglich Sammelbezeichnungen oder Artikelnummern sowie eine Gesamtsumme ausweisen, können die Waren durch nachträglich erstellte Anlagen zu den einzelnen Rechnungen ausreichend genau bezeichnet werden. Hierdurch werden die Anforderungen an den Belegnachweis gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b UStDV 2005 genügend erfüllt.

Die Revision wurde zugelassen, so dass die Entscheidung des BFH abzuwarten bleibt.

 

Zu beachten ist, dass sich die aufgeführten Belegnachweise auf die Rechtslage im Streitjahr beziehen und seit dem 1.1.2012  neue Anforderungen geltend.