BMF zum Steuersatz für die Beförderung von (kranken und verletzten) Personen mit Taxen und Mietwagen

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 02.06.2016, III C 2 - S 7244/07/10002; Konsequenzen der BFH-Urteile v. 02.07.2014, XI R 22/10 und XI R 39/10, sowie v. 23.09.2015, V R 4/15

Praxisproblem

Nach der bisherigen Verwaltungsauffassung (Abschn. 12.13. Abs. 7 Satz 6 (alt) UStAE) setzt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Personenbeförderungsleistungen im Verkehr mit Taxen nach § 12Abs. 2 Nr. 10 UStG voraus, dass sie durch den Genehmigungsinhaber mit eigenbetriebenen Taxen erbracht wird. In der Praxis kann der Fall auftreten, dass ein Unternehmer Inhaber der Taxikonzession und ein anderer Unternehmer Eigentümer bzw. Besitzer der Fahrzeuge ist, da § 3 Abs. 2 PBefG der Einschaltung eines Subunternehmers, der seinerseits nicht im Besitz einer Taxikonzession ist, nicht entgegensteht (vgl. OLG München, Urt. v. 20.05.2010, Verg 04/10).

Sachverhalt

Mit Urteilen v. 02.07.2014, XI R 22/10 und XI R 39/10, BStBl. II 2015, 416 bzw. 421 hat der BFH zur Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG auf Leistungen aus der Beförderung von kranken und verletzten Personen mit Taxen und Mietwagen entschieden. Der BFH hat die bestehende Verwaltungsauffassung, nach der die Steuerermäßigung nicht für von Mietwagenunternehmern erbrachte Leistungen gilt, grundsätzlich bestätigt. Die Steuerermäßigung ist nach dem Urteil XI R 39/10 jedoch anwendbar, wenn von einem Mietwagenunternehmer durchgeführte Krankentransporte auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, beruhen.

Mit Urteil v. 23.09.2015, V R 4/15 hat der BFH zusätzlich entschieden, dass es für die Steuerermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG unbeachtlich ist, wenn der Unternehmer die Personenbeförderungsleistung nicht selbst durchführt, sondern durch einen Subunternehmer durchführen lässt. Der BFH hat ausdrücklich der bisherigen Verwaltungsauffassung in Abschn. 12.13 Abs. 7 Satz 6 UStAE widersprochen, nach der eine begünstigte Personenbeförderungsleistung voraussetzt, dass die durch den Genehmigungsinhaber mit eigenbetriebenen Taxen erbracht wird. Nach Ansicht des BFH mangelt es dieser Regelung an einer gesetzlichen Grundlage.

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 02.06.2016 hat die Verwaltung die v.g. BFH-Rechtsprechung in Änderung von Abschn. 12.13. Abs. 7 und 8 UStAE umgesetzt. Danach setzt eine steuerermäßigte Personenbeförderungsleistung nicht (mehr) voraus, dass sie durch den Genehmigungsinhaber mit eigenbetriebenen Taxen erbracht wird. Die Steuerermäßigung kann auch dann anzuwenden sein, wenn der leistende Unternehmer über keine eigene Genehmigung nach dem PBefG verfügt und die Personenbeförderung durch einen Subunternehmer durchführen lässt, der eine entsprechende Genehmigung besitzt.

Grundsätzlich (weiterhin) nicht begünstigt (d.h. nicht steuerermäßigt) ist der Verkehr mit Mietwagen. Der Mietwagenverkehr unterscheidet sich im Wesentlichen vom Taxenverkehr dadurch, dass nur Beförderungsaufträge ausgeführt werden dürfen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen sind (§ 49 Abs. 4 PBefG). Führt ein Mietwagenunternehmer aber Krankentransporte mit hierfür nicht besonders eingerichteten Fahrzeugen durch (vgl. Abschn. 4.17.2 UStAE) und beruhen diese steuerpflichtigen Leistungen auf mit Krankenkassen geschlossenen Sondervereinbarungen, die ebenfalls für Taxiunternehmer gelten, ist die Steuerermäßigung bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen anwendbar. Die Gleichartigkeit dieser für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen kann nach Abschn. 12.13. Abs. 8 Satz 4 (neu) UStAE für den Bereich der Krankentransporte aus Vereinfachungsgründen regelmäßig unterstellt werden.

Praxishinweis

Die Neuregelungen gelten in allen offenen Fällen. Hinsichtlich der in Abschn. 12.13 Abs. 7 Satz 7 (Taxifahrten unter Inanspruchnahme von Subunternehmern) und Abs. 8 Satz 3 UStAE (Krankenbeförderungen in Taxen durch Mietwagenunternehmer auf der Basis von Sondervereinbarungen mit Krankenkassen) beanstandet die Verwaltung es nach dem BMF-Schreiben v. 02.06.2016 nicht, wenn der Unternehmer vor dem 01.10.2016 ausgeführte Umsätze dem allgemeinen Umsatzsteuersatz unterwirft. In diesen Fällen stellt sich also die Problematik des unrichtigen Steuerausweises von § 14c Abs. 1 UStG nicht.

Da es sich bei der Steuerermäßigung für Krankenfahrten durch Mietwagenunternehmer um eine eng auszulegende Sonderregelung zu Gunsten des Unternehmers handelt, trägt er grundsätzlich die objektive Feststellungslast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen. Liegt der Leistung – wie im BFH-Urteilsfall XI R 39/10 – eine einheitliche Rahmenvereinbarung mit einem Taxi- und Mietwagenunternehmerverband zugrunde, der sich der Mietwagenunternehmer unterwirft, dürfte der Nachweis, ob der Leistungserbringung inhaltsgleiche Vereinbarungen zugrunde liegen, eher leicht zu führen sein. Werden Einzelvereinbarungen geschlossen, könnte dem Mietwagenunternehmer die Nachweisführung aber schwerer fallen, da die jeweilige Krankenkasse die Prüfung des mit dem Taxiunternehmen geschlossenen Vertrags zulassen oder aber bestätigen müsste, dass die Verträge inhaltsgleich sind. Dies könnte der Grund gewesen sein, dass nach dem BMF-Schreiben v. 02.06.2016 die Gleichartigkeit der für Mietwagen- bzw. Taxiunternehmer geltenden Sondervereinbarungen für den Bereich der Krankentransporte aus Vereinfachungsgründen regelmäßig unterstellt werden kann.

In der gleichen Problematik sind beim BFH derzeit noch zwei weitere Revisionsverfahren anhängig: V R 28/15 und XI R 10/15. Mit Blick auf die eindeutigen Aussagen des BFH im Urteil v. 23.09.2015, V R 4/15 dürfte kaum zu erwarten sein, dass der BFH seine Rechtsprechung in den noch anhängigen Verfahren ändert.

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