Lieferungen von Schrottmaterialien im Reverse-Charge-Verfahren bei sog. negativen Kaufpreisen

Praxisproblem

Im Stahlrecycling bzw. Handel mit bestimmten Schrottsorten kann es vorkommen, dass bei der Veräußerung von Schrott statt der üblichen Bezahlung des Schrottes eine Zuzahlung des Veräußernden bei der Übergabe der Waren erforderlich wird. Dann entsteht die Frage, ob bei dieser Sachverhaltskonstellation die Voraussetzungen des Reverse-Charge-Verfahrens nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG vorliegen. Denkbar ist, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG unabhängig vom jeweiligen Schrottpreis vorliegen. Daneben wäre zu fragen, ob es zu einer „Umkehr der Leistungsbeziehungen“ kommt und dann eine „Entsorgungsleistung von Abfällen“ vorliegt, die ggf. als selbstständige Dienstleistung zu qualifizieren sei. Die Voraussetzungen des § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG würden bei dieser Betrachtungsweise nicht vorliegen.

Sachverhalt

Bei Vereinbarungen über einen „negativen“ Kaufpreis der Schrottlieferungen kann tatsächlich ein tauschähnliches Umsatzgeschäft (Entsorgungsleistungen gegen Hingabe des Schrottes zuzüglich einer Baraufgabe) oder nur eine Dienstleistung in Form einer Entsorgungsleistung zu Grunde liegt. Nur in Fällen, in denen dem gelieferten Schrott ein positiver Marktwert beizumessen ist, kommt es regelmäßig zu einer Lieferung gegen Entgelt und somit zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG, der dann zur Steuerschuld des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG führt.

Praxishinweis

Die Voraussetzungen für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft sind bei der Lieferung von Schrott in § 13b Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 UStG klar geregelt. Der Wortlaut der Norm verlangt für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft die Lieferung von in der Anlage 3 zum UStG abschließend aufgeführten Waren an einen Unternehmer. Dazu muss ein steuerpflichtiger Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, der eine Lieferung gegen ein Entgelt voraussetzt.

Erfolgt die Abgabe von Schrottmaterial ohne eine gesonderte Zahlung des Entsorgungsunternehmens, dann liegen die Voraussetzungen einer Lieferung gegen Entgelt nur dann vor, wenn ein tauschähnlicher Umsatz (ggf. mit Baraufgabe) gegeben ist. Dieser liegt wiederum vor, wenn nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragspartner der überlassene Abfall die Höhe der Barvergütung für die Entsorgungsleistung beeinflusst hat (vgl. Abschn. 3.16 Abs. 1 Satz 2 UStAE).

Eine zum tauschähnlichen Umsatz führende Beeinflussung der Barvergütung durch den überlassenen Abfall ist gem. Abschn. 3.16 Abs. 3 UStAE grundsätzlich nur anzunehmen,

  • wenn die Beteiligten ausdrücklich hierauf gerichtete Vereinbarungen getroffen haben, also neben dem Entsorgungsentgelt einen bestimmten Wert für eine bestimmte Menge der überlassenen Abfälle vereinbart haben, oder
  • die wechselseitige Beeinflussung auf Grund der getroffenen Vereinbarungen offensichtlich ist (vgl. hierzu die in Abschn. 3.16 Abs. 3 Nr. 2 UStAE genannten Beispiele.

Ungeachtet einer etwaigen offensichtlich wechselseitigen Beeinflussung ist das Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes bei Unterschreitung der Bagatellgrenzen des Abschn. 3.16 Abs. 4 UStAE aus Vereinfachungsgründen nicht zu prüfen.

Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Schrotts ist in den Fällen des tauschähnlichen Umsatzes mit Baraufgabe der Wert der Gegenleistung (Entsorgungsleistung) abzüglich der zu leistenden Baraufgabe. Für die erbrachte Entsorgungsleistung ist die Umsatzsteuer nach dem Wert des hingegebenen Abfalls zu bemessen, wobei die Baraufgabe dabei Entgelt erhöhend zu berücksichtigen ist (vgl. Abschn. 3.16 Abs. 7 UStAE). Dabei sind die in Abschn. 13b.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE geregelten Vorgaben zu beachten.

Der Entsorger ist demnach gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner für die von ihm erbrachte Entsorgungsleistung sowie nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 UStG i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG für die an ihn erbrachte Lieferung des werthaltigen Schrotts.

Sind die Voraussetzungen für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes nicht erfüllt, erbringt lediglich der entsorgende Unternehmer eine Entsorgungsleistung an den Unternehmer, der den Schrott abgibt. Der vereinbarte „negative Kaufpreis“ ist dann das Entgelt für die erbrachte Entsorgungsleistung, für die der Entsorger die Steuer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet. Die Steuerschuldumkehr nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG kommt in diesem Fall mangels einer steuerbaren Lieferung von Schrott nicht in Betracht.

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