BMF zu Änderungen im Bereich der Besteuerung von Umsätzen mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 18.12.2014

Durch das AmtshilfeRLUmsG) v. 26.06.2013 (BGBl. I, 1809) wurde der Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken an die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 103 MwStSystRL angepasst und eingeschränkt(vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG). Daneben wurde eine Regelung zur Ermittlung einer besonderen Bemessungsgrundlage in den Fällen differenzbesteuerter Umsätze mit Kunstgegenständen geschaffen (vgl. § 25a Abs. 3 Satz 2 UStG, sog. „Pauschalmarge“). Die Änderungen sind am 01.01.2014 in Kraft getreten.

Mit BMF-Schreiben v. 18.12.2014, BStBl. I 2015, 44 sind umfangreiche Anweisungen zur Anwendung dieser Gesetzesänderung ergangen. Im Wesentlichen gilt Folgendes:

I. Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken

Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich des ermäßigten Steuersatzes für nach dem 31.12.2013 ausgeführte Umsätze mit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken bestimmt sich ausschließlich nach den neu in § 12 Abs. 2 UStG eingefügten Nrn. 12 und 13. Die sachlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Steuerermäßigung ergeben sich für Kunstgegenstände weiterhin aus Nr.53 der Anlage 2 zum UStG und für Sammlungsstücke aus Nr. 49 Buchst. f sowie Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG. Die Regelungen des BMF-Schreibens vom 05.08.2004, BStBl I, 638 zur Abgrenzung der begünstigten Kunstgegenstände und Sammlungsstücke nach den Vorschriften des Zolltarifs sind grundsätzlich weiter anzuwenden.

Die Einfuhr eines Kunstgegenstands unterliegt gem. § 12 Abs. 2 Nr. 12 UStG dem ermäßigten Umsatzsteuersatz, wenn der Gegenstand unter Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG fällt. Die Einschränkungen des § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a und b UStG gelten insoweit nicht. Die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Erwerb von Kunstgegenständen fallen nur dann unter die Steuerermäßigung, wenn neben den sachlichen Voraussetzungen der Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG eine der in § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a und b UStG genannten persönlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Bei der Prüfung der persönlichen Voraussetzungen ist stets auf den Lieferer abzustellen. Dies gilt auch in den Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG kommt der ermäßigte Umsatzsteuersatz zur Anwendung, wenn die Lieferung vom Urheber des Kunstgegenstands oder dessen Rechtsnachfolger bewirkt wird. Wer als Urheber oder Rechtsnachfolger i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG anzusehen ist, ist nach den Vorschriften des UrhG zu beurteilen. Urheber ist nach § 7 UrhG der Schöpfer des Kunstgegenstands. Das Urheberrecht ist vererblich (§ 28 Abs. 1 UrhG). Es ist jedoch nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen (§ 29 Abs. 1 UrhG). Rechtsnachfolger ist daher nur, wer nach § 30 UrhG in die Rechtsposition des Urhebers eintritt und das Urheberrecht im Ganzen erhält (z.B. Erben oder Vermächtnisnehmer). Wem nicht das Urheberrecht im Ganzen, sondern nur Nutzungsrechte oder andere in § 29 Abs. 2 UrhG genannte Befugnisse eingeräumt werden, ist kein Rechtsnachfolger. Dies gilt auch dann, wenn diese Rechte oder Befugnisse zusammen mit dem Kunstgegenstand übertragen werden.

Wird der Gegenstand von einem anderen Unternehmer als dem Urheber oder dessen Rechts-nachfolger geliefert, kommt der ermäßigte Umsatzsteuersatz gem. § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b UStG nur dann zur Anwendung, wenn die Lieferung von einem Unternehmer bewirkt wird, der kein Wiederverkäufer ist, und der Gegenstand

  • vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt wurde,
  • von seinem Urheber oder dessen Rechtsnachfolger an den Unternehmer geliefert wurde oder
  • den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt hat.

Die Definition des Wiederverkäufers in § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG gilt auch für Zwecke der Umsatzsteuerermäßigung. Als Wiederverkäufer gelten Unternehmer, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerben und sie danach, ggf. nach Instandsetzung, im eigenen Namen wieder verkaufen (gewerbsmäßige Händler), und die Veranstalter öffentlicher Versteigerungen, die Gebrauchtgegenstände im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung versteigern. Auf den Umfang der Umsätze mit Kunstgegenständen kommt es nicht an. Von der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes sind daher neben gewerblichen Kunsthändlern (z.B. Galeristen) auch Unternehmer ausgeschlossen, die im Rahmen ihrer Wiederverkäufertätigkeit nur gelegentlich Kunstgegenstände veräußern oder öffentlich versteigern.

Die Anwendung der Steuerermäßigung für Sammlungsstücke ist auf die Einfuhr von Gegenständen beschränkt, die in Nr. 49 Buchst. f und Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG). Lieferungen im Inland und innergemeinschaftliche Erwerbe von Sammlungsstücken unterliegen dem allgemeinen Umsatzsteuersatz, auch wenn der einzelne Gegenstand unter Nr. 49 Buchst. f oder Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG fällt.

II. Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Lieferungen von Kunstgegenständen (§ 25a UStG) – Pauschalmarge

Im Falle der Lieferung eines Kunstgegenstands ist der Betrag, nach dem sich der Umsatz bemisst, abweichend von § 25a Abs. 3 Satz 1 UStG mit 30 % des Verkaufspreises anzusetzen, wenn sich der Einkaufspreis des Kunstgegenstands nicht ermitteln lässt oder der Einkaufspreis unbedeutend ist (§ 25a Abs. 3 Satz 2 UStG). Die Anwendung dieser Pauschalmarge ist auf Gegenstände beschränkt, die in Nr. 53 der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind. Auf Sammlungsstücke (Nr. 54 der Anlage 2 zum UStG) ist die Regelung nicht anwendbar.

Da der Einkaufspreis eines Kunstgegenstands unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pflichten des Unternehmers nach § 25a Abs. 6 UStG grundsätzlich aufzuzeichnen ist, liegt der Fall der Nichtermittelbarkeit des Einkaufspreises nur ausnahmsweise vor. Das Vorliegen eines solchen Einzelfalles richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse, die der Unternehmer nachzuweisen hat. Dieser Nachweis gilt als erbracht, wenn der Unternehmer darlegt, dass er alle ihm zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hat. In Fällen, in denen der Unternehmer den ermittelbaren Einkaufspreis nicht aufgezeichnet hat oder die Nichtermittelbarkeit des Einkaufspreises des Kunstgegenstands nicht darlegen kann, erfolgt die Preisermittlung im Wege einer sachgerechten Schätzung. Eine Nichtermittelbarkeit des Einkaufspreises liegt nicht allein schon dann vor, wenn der Unternehmer Aufwendungen für die Durchführung von Verkaufsfördermaßnahmen für von ihm in Kommission genommene Kunstgegenstände trägt.

Das BMF-Schreiben enthält Beispiele für Fälle, in denen der Einkaufspreis einzelner Kunstgegenstände nicht ermittelt werden kann.

Der Einkaufspreis eines Kunstgegenstands ist nach dem BMF-Schreiben unbedeutend, wenn er den Betrag von 500 € ohne ggfs. anfallende USt nicht übersteigt.

Praxishinweis

Die Auslegung der Begriffe „Urheber“ und „Rechtsnachfolger“ orientieren sich nach dem BMF-Schreiben am Urheberrecht. Eine Anwendung der Steuerermäßigung ist somit nicht möglich, wenn nicht das (unter Lebenden nicht übertragbare) Urheberrecht übergeht, sondern allenfalls Nutzungsrechte eingeräumt werden. Die die Nutzungsrechte empfangenden Personen sind nicht als Rechtsnachfolger i.S.d. UrhG anzusehen.

Die Frage der Erfüllung von Aufzeichnungspflichten ist der tatsächlichen Ermittelbarkeit des Einkaufspreises von Kunstgegenständen nachgelagert, da nur ein ermittelbarer Einkaufspreis aufgezeichnet werden kann. Ist ein Einkaufspreis tatsächlich nicht ermittelbar, kann er auch nicht aufgezeichnet werden. Die Nichtaufzeichnung des Einkaufspreises allein kann daher nicht zur Versagung der Pauschalmarge führen. Die Pauschalmarge ist nur dann nicht anwendbar, wenn der Einkaufspreis trotz tatsächlich bestehender Ermittlungsmöglichkeit nicht ermittelt und in der Folge nicht aufgezeichnet wurde. Nicht die Erfüllung/Nichterfüllung der Aufzeichnungspflicht entscheidet daher über die Anwendbarkeit der Pauschalmarge. Ob diese anwendbar ist, richtet sich allein nach der tatsächlichen Ermittelbarkeit des Einkaufspreises. Ist dieser nicht ermittelbar, kann er nicht einzeln aufgezeichnet werden, die Pauschalmarge ist anwendbar. Ist der Einkaufspreis ermittelbar, muss er zwar nach Absch. 25a Abs. 17 Satz 2 UStAE ggfs. nicht einzeln aufgezeichnet werden, die Pauschalmarge bleibt dennoch nicht anwendbar. Nichts anderes ergibt sich aus § 25a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 UStG, wonach der Einkaufspreis aufzuzeichnen ist. Dies setzt jedoch die tatsächliche Ermittelbarkeit voraus.

Das BMF-Schreiben geht in Beispiel 2 zu Abs. 11a von A 25a.1 von einer Sammlung von Kunstgegenständen aus, ohne diesen Begriff näher zu definieren. Hier ist wohl davon auszugehen, dass der Begriff „Sammlung“ nicht fest an eine bestimmte Anzahl von Gegenständen gebunden werden kann. Es muss sich aber wohl um eine Mehrzahl von Kunstgegenständen handeln, die über einen gewissen Zeitraum zusammengetragen wurden und die eine gewisse inhaltliche oder thematische Einheit bilden. Der mehr oder weniger zufällige gleichzeitige Erwerb zweier Kunstgegenstände dürfte nicht den Sammlungsbegriff nicht erfüllen.

Quelle: BMF-Schreiben v. 18.12.2014