BMF zum Bestelleintritt in Leasingfällen

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 03.02.2016, III C 2 - S 7100/07/10031 :005

Praxisproblem

Bei der Beschaffung von Investitionsgütern kommt es häufig zu einem Dreiecksverhältnis, bei dem der Kunde (künftiger Leasingnehmer) zunächst einen Kaufvertrag über den Liefergegenstand mit dem Lieferanten und anschließend einen Leasingvertrag mit dem Leasing-Unternehmen abschließt. Durch Eintritt in den Kaufvertrag (sog. Bestelleintritt) verpflichtet sich das Leasing-Unternehmen zur Zahlung des Kaufpreises und erlangt den Anspruch auf Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an dem Gegenstand.

Sachverhalt

Mit BMF-Schreiben vom 31.08.2015, mit dem in Abschn. 3.5 UStAE ein neuer Absatz 7a eingefügt wurde, waren die Fälle des Bestelleintritts in Leasingfällen umfassend geregelt worden (vgl. AWB-Newsletter September 2015). Tritt das Leasing-Unternehmen in den Kaufvertrag erst ein, nachdem der Kunde bereits die Verfügungsmacht über den Leasing-Gegenstand erhalten hat (sog. nachträglicher Bestelleintritt), liegt eine Lieferung des Lieferanten an den Kunden vor. Nach dem BMF-Schreiben v. 31.08.2015 sollte in diesen Fällen die Leistung des Leasing-Unternehmens an den Kunden (ohne jegliche Differenzierung) in einer Kreditgewährung bestehen.

Aufgrund dieser Regelung konnte sich ein Widerspruch zu der alten Verwaltungsauffassung ergeben. Nach Abschn. 25 Abs. 6 UStR in Verbindung mit dem BMF-Schreiben v. 04.12.2008, BStBl. 2008 I, 1084 galt Folgendes: Sofern der Lieferant dem Kunden unmittelbar Verfügungsmacht am Kaufgegenstand verschafft, handelt es sich bei dem anschließenden Leasingvertrag zwischen dem Kunden und dem Leasing-Unternehmen um ein „klassisches“ Sale-and-Lease-back-Geschäft, dessen umsatzsteuerliche Behandlung sich nach den vorgenannten Verwaltungsanweisungen richtete. Das BMF-Schreiben v. 04.12.2008 enthält hierzu folgende Regelung: „Insbesondere in den Fällen, in denen der Überlassung eines Gegenstandes im Leasingverfahren eine Eigentumsübertragung vom späteren Leasing-Nehmer an den Leasing-Geber vorausgeht, ist stets zu prüfen, ob die Verfügungsmacht jeweils tatsächlich übertragen wurde. Diese Prüfung richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls, d.h. den konkreten vertraglichen Vereinbarungen und deren jeweiliger tatsächlicher Durchführung unter Berücksichtigung der Interessenlage der Beteiligten. Daher kann nach den Umständen des Einzelfalls diese Gesamtbetrachtung dazu führen, dass der der Überlassung des Leasing-Gegenstands vorausgehenden Übertragung dieses Gegenstands ausnahmsweise nur eine Sicherungs- und Finanzierungsfunktion zukommt und sie daher nicht zu einer Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG führt; dementsprechend ist eine – isolierte – Beurteilung der nachfolgenden Überlassung nicht erforderlich. In diesen Fällen ist vielmehr insgesamt von einer Kreditgewährung des Leasing-Gebers an den Leasing-Nehmer auszugehen.“

Nach diesen Regelungen war, nachdem der Kunde die Verfügungsmacht – im Fall des nachträglichen Bestelleintritts ist dies regelmäßig so – erhalten hat, in Anlehnung an die ertragsteuerliche Betrachtung weiterhin zu prüfen, ob er das Eigentum an dem Leasing-Gegenstand auf den Leasing-Geber übertragen hat, der wiederum dem Leasing-Nehmer diesen Gegenstand im Rahmen eines Mietverhältnisses zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich um das klassische Sale-and-Lease-back-Geschäft, bei dem ertragsteuerlich das wirtschaftliche Eigentum an dem Leasing-Gegenstand dem Leasing-Geber zuzurechnen ist, umsatzsteuerrechtlich das „Sale“ als Lieferung an den Leasing-Geber und das „Lease-back“ als sonstige Leistung in Gestalt einer Nutzungsüberlassung zu qualifizieren ist. Deutlich dargestellt ist diese Rechtslage in der Verfügung der OFD Niedersachsen v. 26.10.2010, S 7100-611-St 172 (juris).

Entscheidung

Mit BMF-Schreiben v. 03.02.2016 hat die Verwaltung nunmehr offensichtlich zur Klarstellung in Abschn. 3.5 Abs. 7a UStAE eine Ergänzung aufgenommen. Danach gilt: Tritt das Leasing-Unternehmen in den Kaufvertrag ein, nachdem der Kunde bereits die Verfügungsmacht über den Leasing-Gegenstand erhalten hat (sog. nachträglicher Bestelleintritt), liegt eine Lieferung des Lieferanten an den Kunden vor. Diese wird durch den Bestelleintritt des Leasing-Unternehmens nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG rückgängig gemacht. Bei dem anschließenden Leasing-Verhältnis zwischen dem Kunden und dem Leasing-Unternehmen handelt es sich um ein Sale-and-lease-back-Geschäft, das nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls entweder als Lieferung des Kunden an das Leasing-Unternehmen („sale“) mit anschließender sonstiger Leistung des Leasing-Unternehmens an den Kunden („lease-back“) oder insgesamt als Kreditgewährung des Leasing-Unternehmens an den Kunden zu beurteilen ist.

Praxishinweis

Die Verwaltung hat somit klargestellt, dass in solchen Fällen die Leistung des Leasing-Unternehmens an den Kunden nicht generell eine Kreditgewährung darstellt. Demnach ist bei allen Sale-and-Lease-back-Geschäften grundsätzlich eine differenzierende Betrachtung des Einzelfalls vorzunehmen, die unter bestimmten Umständen „ausnahmsweise“ (vgl. BMF-Schreiben v. 04.12.2008, BStBl. 2008 I, 1084) zu einer Qualifikation als Kreditgewährung führen kann. Als Anwendungsfall wird explizit die Ausgestaltung des „Lease-back“ als Ratenkauf- oder Mietkaufvereinbarung mit obligatorischer Rückübertragung des zivilrechtlichen Eigentums an den Kunden am Ende der Vertragslaufzeit angesprochen. Da im Fall des nachträglichen Bestelleintritts nach der Verwaltungsauffassung ein „‚klassisches‘ Sale-and-Lease-back-Geschäft“ angenommen wird, ist auch dieses konsequenterweise differenzierend nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen.