BMF zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Umsatzsteuerrechtliche Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG); Nichtunternehmer als Teil eines Organkreises; Konsequenzen aus BFH, Urt. v. 08.08.2013, V R 18/13 sowie der Beschl. v. 11.12.2013, XI R 17/11 und XI R 38/12; Änderung der Regelungen zur organisatorischen Eingliederung in Abschn. 2.8 UStAE

Das BMF-Schreiben v. 05.05.2014 zur umsatzsteuerlichen Organschaft (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG) zieht Konsequenzen aus der jüngsten Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH und BFH sowie der anhaltenden Diskussion um die Umsetzung der bisherigen Verwaltungsauffassung.

Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bilden zivilrechtlich selbstständige Rechtssubjekte eine umsatzsteuerliche Einheit (Organkreis), wenn juristische Personen nach dem Gesamtbild der Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert sind.

Viele Unternehmensgruppen in Deutschland sind als Organkreise organisiert. Dies birgt aufgrund der „Verschmelzung zu einem Unternehmen“ trotz zivilrechtlicher Selbstständigkeit erhebliche Vorteile. Die umsatzsteuerliche Organschaft ist allerdings kein Wahlrecht, sodass auf das Vorliegen und den Fortbestand der Voraussetzungen für die finanzielle, organisatorische und wirtschaftliche Eingliederung stetig geachtet werden muss, da Steuerschuldnerschaft, Deklarationspflichten und Steuerbarkeit von Umsätzen zwischen den Gesellschaften des Organkreises davon abhängig sind.

Bereits mit BMF-Schreiben v. 07.03.2013 hatte die Finanzverwaltung zu den Voraussetzungen der organisatorischen Eingliederung Stellung genommen und Abschn. 2.8. des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) angepasst. Aufgrund vielfältiger Fragestellungen in der praktischen Umsetzung wurde eine Übergangsfrist bis zum 01.01.2015 gewährt, sofern nach der Altregelung die Organschaft vorliege.

Mit dem aktuellen BMF-Schreiben v. 05.05.2014 ergänzt nun die Steuerverwaltung erneut den Abschn. 2.8. UStAE und bezieht dabei u.a. zu folgenden Punkten Stellung:

Trotz der aufgrund der EuGH-Rechtsprechung (EuGH, Urt. v. 09.04.2013, C-85/11 und v. 25.04.2013, C-480/10) aufgeworfenen Frage, ob Nichtunternehmer in einen Organkreis einbezogen werden können, schließt dies die Verwaltungsansicht weiterhin aus.

Angesichts der aktuellen Entscheidung des BFH im Urteil v. 08.08.2013, V R 18/13 ist fraglich, ob es ausreichend ist, dass der Organträger eine abweichende Willensbildung bei der Organgesellschaft ausschließen kann, oder ob zwingend sichergestellt sein muss, dass der Wille des Organträgers durchgesetzt wird. Nach der Entscheidung endet die umsatzsteuerliche Organschaft auch, wenn ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird und angeordnet wird, dass Verfügungen nur noch mit seiner Zustimmung wirksam sind. Angesichts weiterer in dem Urteil aufgeworfener Fragen zum Vorsteuerabzug wird die Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt und damit die Anwendung der Entscheidung über den Einzelfall hinaus (derzeit) zurückgestellt. Aufgrund der Vorlageverfahren vom XI. Senat des BFH an den EuGH (C-108/14 und C-109/14) wird derzeit von einer Änderung der Verwaltungsansicht in diesen Punkt abgesehen.

Die organisatorische Eingliederung im Wege der Personalunion wird dahingehend angepasst, dass in den Fällen, in denen bisher leitende Mitarbeiter des Organträgers als Geschäftsführer der Organgesellschaft tätig sind, das Erfordernis der „leitenden“ Tätigkeit entfällt. Das erforderliche Abhängigkeitsverhältnis zum Organträger besteht aufgrund des arbeitsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses auch bei Mitarbeitern ohne Leitungsfunktion. Klarstellend wird erläutert, dass eine Eingliederung „in (Beteiligungs-)Kette“ möglich ist. Somit kann z.B. eine Ur-Enkelgesellschaft in die Enkel-Gesellschaft und die Enkel-Gesellschaft in die Tochtergesellschaft eingegliedert sein, welche wiederum in den Organträger eingegliedert ist. Dies entspricht der bisherigen Praxis.

Auch stehen nach dem BMF-Schreiben aufsichtsrechtliche Beschränkungen der Annahme einer Organschaft nicht entgegen.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens sind sofort auf alle offenen Fälle anwendbar. Gleichwohl wird es nicht beanstandet, wenn die Gesellschaften sich bis zum 01.01.2015 auf die bisherigen Grundsätze des Abschn. 2.8. Abs. 9 UStAE in der Fassung bis zum 04.05.2014 berufen.

Damit ist für alle Unternehmen erneut ein Prüfungsbedarf und teilweise Handlungsbedarf gegeben. Spätestens bis zum 01.01.2015 sollten alle offenen Fragen zur organisatorischen Eingliederung unternehmensintern gelöst und umgesetzt sein.