OFD NRW zum Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Kurzinformation der OFD Nordrhein-Westfalen v. 24.02.2014, USt 2/2014

Praxisproblem

Mit BMF-Schreiben v. 05.02.2014 folgt die Finanzverwaltung der jüngsten Rechtsprechung des BFH zu der umsatzsteuerlichen Thematik (BFH, Urt. v. 22.08.2013, V R 37/10), ob und inwieweit § 13b UStG (Wechsel der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen) anwendbar ist. Über die Rechtsfolgen dieses Urteils für die Praxis ist bereits am 28.03.2014 im AWB Newsletter berichtet worden. Mit dem folgenden Informationsschreiben wird nun der aktuelle Stand ausführlich geschildert.

Entscheidung

1. Rechtsfolgen beim Leistungsempfänger (Bauträger)

In der Baubranche gilt für brancheninterne Umsätze im Regelfall ein sogenannter Wechsel der Steuerschuldnerschaft. Dieses auch Reverse-Charge genannte Verfahren besagt, dass nicht der leistende Unternehmer, sondern der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für eine Bauleistung schuldet. Voraussetzung für die Anwendung dieses Verfahrens ist jedoch, dass der Leistungsempfänger selbst entsprechende Bauleistungen erbringt. Die Veräußerung von bebauten Grundstücken stellt hingegen keine Bauleistung dar, so dass in diesem Fall der Leistungsempfänger nicht selbst Bauleistungen erbringt, sofern er lediglich die Objekte entwickelt und veräußert. Er ist für bezogene Eingangsleistungen kein Steuerschuldner gem. § 13b Abs. 2 Nr. 4, Abs. 5 Satz 2 UStG. Hat ein derartiger Leistungsempfänger Umsatzsteuer aufgrund fehlerhafter Annahme einer Steuerschuld nach § 13b UStG an das Finanzamt abgeführt und stand ihm aufgrund der steuerfreien Nutzung/Veräußerung der Objekte kein Vorsteuerabzug zu, ist diese Umsatzsteuerzahlung zu korrigieren. Es besteht folglich ein Erstattungsanspruch.

Die Grundsätze des BFH-Urteils gelten nach dem BMF-Schreiben v. 05.02.2014, IV D 3 - S 7279/11/10002 in allen offenen Fällen. Das bedeutet die Anwendung auf sämtliche noch nicht bestandskräftig veranlagten Veranlagungszeiträume und somit auch in Zeiträumen vor Veröffentlichung des BFH-Urteils.

Nach Ansicht der OFD NRW ist den Anträgen von Bauträgern als Leistungsempfänger auf Erstattung der bisher nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG gezahlten Umsatzsteuer grundsätzlich zu entsprechen.

Vorab sind – aus Sicht der Verwaltung – jedoch folgende Kriterien zu prüfen:

  • Handelt es sich bei den Ausgangsleistungen der Bauträger tatsächlich nicht um Werklieferungen i.S.d. § 3 Abs. 4 UStG, sondern um nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Lieferungen, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen?
  • Greifen keine anderen Tatbestände des § 13b UStG z.B. § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG für Werklieferungen/sonst. Leistungen eines im Ausland ansässigen Subunternehmers?
  • Handelt es sich um einen noch offenen Fall (z.B. Vorbehalt der Nachprüfung § 164 AO)?

2. Rechtsfolgen beim Leistenden (Subunternehmer)

Des Weiteren erörtert die Verwaltung derzeit, ob sich Subunternehmer, die bislang gem. § 13b Abs. 5 i.V.m. Nr. 4 UStG gegenüber den Bauträgern ohne Umsatzsteuer abgerechnet haben, für zurückliegende Zeiträume erfolgreich auf den Vertrauensschutz, § 176 AO, berufen können. Sonst würde der leistende Unternehmer nachträglich selbst Schuldner der Umsatzsteuer. Zu dieser Thematik wird die Finanzverwaltung ein gesondertes BMF-Schreiben zu weiteren Fragen der Anwendung des BFH-Urteils v. 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. II 2014, 128 vorbereiten.

Praxishinweis


Mit dem BMF-Schreiben v. 05.02.2014 erfolgte entsprechend der Grundsätze des BFH-Urteils eine Anpassung der Vereinfachungsreglung des Abschn. 13b.8 UStAE. Folge ist, dass eine Anwendung des § 13b Abs. 5 i.V.m. Nr. 4 UStG nicht bejaht werden kann, wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, obwohl sich die Vertragsparteien über die Anwendung des § 13b UStG einig sind. Die Änderungen sind auf Umsätze anzuwenden, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung des BMF-Schreibens im Bundessteuerblatt erbracht werden (Veröffentlichung am 14.02.2014, BStBl. I 2014, 233).

Die OFD NRW hat nun zum Umgang mit entsprechenden Erstattungsanträgen die vorgenannte Kurzinformation herausgegeben. Betroffene Unternehmen sind angehalten, ihren Handlungsbedarf zeitnah zu prüfen.