BFH zur Zweckbetriebseigenschaft einer Kostümparty in der Karnevalswoche

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 30.11.2016, V R 53/15

Praxisproblem

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG unterliegen u.a. diejenigen Leistungen der Körperschaften dem ermäßigten Steuersatz, die gemeinnützige Zwecke verfolgen. Die Körperschaften müssen die gemeinnützigen Zwecke ausschließlich und unmittelbar verfolgen. Durch die Bezugnahme auf die §§ 51 bis 68 AO bzw. §§ 66 bis 68 AO in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG wird deutlich, dass sich die Zwecke und die Art und Weise, wie sie verfolgt werden, nach diesen Vorschriften der AO bestimmen und abzugrenzen sind. Das ergibt sich auch unmittelbar aus § 51 AO. Danach sind die Bestimmungen der §§ 52ff. AO anzuwenden, wenn das Gesetz eine Steuervergünstigung gewährt, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt. Die Voraussetzung des § 51 AO ist gegeben, weil § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG eine Steuerermäßigung gewährt, die den genannten Körperschaften vorbehalten ist.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG gilt die Steuerermäßigung nicht für Leistungen, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden. Die Steuerermäßigung ist nicht ausgeschlossen, soweit Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ausgeführt werden, der einen Zweckbetrieb i.S.d. §§ 65–68 AO darstellt. Denn nach § 64 Abs. 1 AO verliert die Körperschaft eine Steuervergünstigung nur, soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb ist. Allerdings gilt nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a S. 3 UStG für Leistungen, die im Rahmen eines Zweckbetriebs ausgeführt werden, die Steuerermäßigung nur, wenn alternativ folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Der Zweckbetrieb dient nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden;
  • die Körperschaft verwirklicht mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst.

Sachverhalt

Der BFH hatte zu einem als gemeinnützig i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO anerkannten eingetragenen Verein zu entscheiden. Ausweislich seiner Satzung widmet sich der Verein „der Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, insbesondere der Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne“ und führt „karnevalistische und gesellige Veranstaltungen zur Verfolgung dieser Ziele“ durch. Streitig war, ob die aus einer Veranstaltung des Vereins mit der Bezeichnung „Nacht der Nächte“ erzielten Einkünfte bzw. Umsätze körperschaftsteuerpflichtig sind sowie der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz unterliegen, und in diesem Zusammenhang insbesondere die Frage, ob die genannte Veranstaltung dem Bereich eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zuzuordnen oder aber im Bereich eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs anzusiedeln war. Bei der streitigen Veranstaltung handelte es sich um eine jährlich am Karnevalssamstag durchgeführte, von dem Verein selbst als „Kostümparty“ bezeichnete Veranstaltung mit im Streitjahr ca. 1.200 Gästen.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass dieses von dem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte Kostümfest kein Zweckbetrieb ist. Nach dem Urteil unterliegen die Einkünfte aus der Veranstaltung daher der Körperschaftsteuer und die Umsätze dem Regelumsatzsteuersatz von 19 %. Die Veranstaltung hat nach dem Urteil in ihrer Gesamtrichtung nicht dazu gedient, die satzungsmäßigen Zwecke des Klägers zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Dies setze voraus, dass der der Brauchtumspflege gewidmete Geschäftsbetrieb der Kulturförderung, nicht aber zur Förderung kommerzieller Ziele diene. Entgegen der Auffassung des vorinstanzlichen FG umfasse das traditionelle Brauchtum in Gestalt des Karnevals nicht jede von einem gemeinnützigen Karnevalsverein in der Karnevalswoche durchgeführte gesellige Veranstaltung, die durch Kostümierung der Teilnehmer, musikalische und tänzerische Darbietungen sowie ausgelassenes Feiern geprägt werde. Erforderlich sei vielmehr, dass die Veranstaltung selbst durch Elemente des Karnevals in seiner traditionellen Form gekennzeichnet werde. Dies treffe auf die Veranstaltung im Streitfall nicht zu.

Zudem hat es sich bei der Veranstaltung nach dem BFH-Urteil nicht um einen für die Vereinszwecke i.S.d. § 65 Nr. 2 AO „unentbehrlichen Hilfsbetrieb“ gehandelt. Es sei nicht ersichtlich, weshalb eine Kostümparty, bei der Darbietungen, die nicht im engeren Sinne karnevalistischer Art sind, einen wesentlichen Anteil ausmachen, das unentbehrliche und einzige Mittel zur unmittelbaren Förderung des Karnevals in seiner historischen Form sein soll. Schließlich scheitere die Annahme eines Zweckbetriebs auch an der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO. Für den BFH war insoweit ausschlaggebend, dass eine Kostümparty während der Karnevalszeit auch von anderen Unternehmern veranstaltet werden kann. Zudem habe das FG selbst festgestellt, dass der Verein in Wettbewerb mit nicht steuerbegünstigten kommerziellen Anbietern vergleichbarer Veranstaltungen getreten sei.

Praxishinweis

Die Förderung des traditionellen Brauchtums ist nach § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO ein gemeinnütziger Zweck. Zum Brauchtum gehören der Karneval, die Fastnacht und der Fasching. Die besondere Nennung des traditionellen Brauchtums als gemeinnütziger Zweck in § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 23 AO bedeutet keine allgemeine Ausweitung des Brauchtumsbegriffs i.S.d. Gemeinnützigkeitsrechts. Studentische Verbindungen, z.B. Burschenschaften, ähnliche Vereinigungen, z.B. Landjugendvereine, Country- und Westernvereine, deren Hauptzweck die Veranstaltung von örtlichen Volksfesten (z.B. Kirmes, Kärwa, Schützenfest) ist, sind deshalb in der Regel nach wie vor nicht gemeinnützig. Dies gilt nach dem vorliegenden BFH-Urteil nunmehr auch für Karnevalsveranstaltungen in Form von Kostümpartys, die mit solchen von gewerblichen Veranstaltern konkurrieren. Der BFH hat der traditionellen Pflege des Brauchtums mit Blick auf das Gemeinnützigkeitsrecht und die damit verbundenen steuerlichen Vergünstigungen den Vorrang vor zeitgemäßen Party-Veranstaltungen gegeben. Eine von Musik, Tanz und Geselligkeit geprägte Veranstaltung, bei denen das karnevalistische Brauchtum eine nur untergeordnete Rolle spielt, ist nicht förderungswürdig.

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