BFH zu flächenbezogenem Verzicht auf Steuerfreiheit

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 24.04.2014, V R 27/13, Flächenbezogener Verzicht auf Steuerfreiheit

Praxisproblem

Die Umsätze aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken sind gem. § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG grundsätzlich steuerfrei. Jedoch besteht die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen zur Umsatzsteuer nach § 9 UStG zu optieren. Demnach muss der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt werden (§ 9 Abs. 1 UStG). Bei Grundstücken ist die Option ferner nur möglich, wenn der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (§ 9 Abs. 2 UStG); folglich müssen die Umsätze gem. § 15 Abs. 1 und 3 zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb ein bebautes Grundstück, welches sie in den Jahren 2008 und 2009 sanierte. Das Objekt nutze die Klägerin überwiegend steuerfrei als Studentenwohnheim. Lediglich ein Bistro und Büroräume vermietete sie steuerpflichtig unter Verzicht auf die Option zur Steuerfreiheit nach § 9 UStG. Die X-GmbH, welche Mieterin des Büros war, nutze die Büroräume im Wesentlichen für umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten. Nur zu einem geringen Teil verwendete die GmbH die Büroräume für umsatzsteuerfreie Umsätze (16,75 von 295 qm). In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 2009 machte die Klägerin anteilig Vorsteuerbeträge (für das Bistro und Büro) geltend. Diese ermittelte sie mittels eines Flächenschlüssels.

Das FA und dem folgend das FG versagten den Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit den Büroräumen, da hier kein wirksamer Verzicht auf die Steuerfreiheit vorliege.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass das Urteil des FG aufzuheben und an dieses zurückzuweisen ist. Zwar hat das FG zu Recht entschieden, dass ein vollständiger Verzicht für die Gesamtheit der Bürofläche nicht in Betracht kommt, aber die Klägerin war berechtigt, diesen Verzicht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG auch teilweise auszuüben.

Bei dem Verzicht nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG kommt es auf die Verwendung der vermieteten Grundstücksflächen an. Der teilweise Verzicht kann sich dementsprechend auf Teilflächen des Mietgegenstandes beziehen, wenn diese eindeutig bestimmbar sind. Hierbei sind analog zu der Aufteilung der Vorsteuer (§ 15 Abs. 4 UStG) bauliche Gegebenheiten des Grundstücks zu berücksichtigen. Eine Abgrenzung wie etwa nach Räumen bejaht bspw. einen hinreichend nachprüfbaren Aufteilungsmaßstab, welcher bei einer Teiloption notwendig ist. Konsequenterweise sind Teilflächen innerhalb eines Büros nicht hinreichend abgrenzbar und eine Teiloption nicht möglich.

Nach Auffassung des BFH kann sich der Teilverzicht auch auf einzelne Räume beziehen, da kein abgrenzbarer Funktionsbereich erforderlich ist und die Vermietung eines Raumes in einem Büro durchaus Gegenstand eines eigenständigen Mietvertrags sein kann.

In diesem Streitfall könnten sogar Gemeinflächen wie Flure, Küchen- und Sanitärflächen der steuerpflichtig vermieteten Teilfläche zugerechnet werden, da es sich bei dem vorsteuerabzugsschädlichen genutzten Büro nur um eines von mehreren handelt. In einem zweiten Rechtsgang sind hierzu weitere Feststellungen zu treffen.

Praxishinweis

Durch die Ausführungen des BFH wäre der Verzicht nach § 9 UStG selbst dann möglich, wenn teils vorsteuerabzugsschädliche Umsätze getätigt würden. Voraussetzung ist jedoch, dass ein hinreichend nachprüfbarer Aufteilungsmaßstab eine Abgrenzung ermöglicht. Der BFH bejahte dies für die Abgrenzung nach Räumen. Ob ggf. Gemeinflächen vollständig den steuerpflichtig vermieteten Teilflächen zuzuordnen sind, ist im Einzelfall zu überprüfen. Es bleibt abzuwarten, wie das FG dies in dem vorliegenden Streitfall beurteilen wird.