BMF zu Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen

Anmerkung zum BMF-Schreiben v. 31.07.2014, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG (a.F.); Anwendung des § 27 Abs. 19 UStG

Praxisproblem

Der BFH hat mit Urteil vom 22.08.2013, V R 37/10, BStBl. II 2014, 128 die gesetzlichen Regelungen zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Bauleistungen nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG ausgelegt.

Nach der Entscheidung sind die Vorschriften einschränkend dahingehend auszulegen, dass es für die Entstehung der Steuerschuld darauf ankommt, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Werklieferung oder sonstige Leistung, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dient, seinerseits zur Erbringung einer derartigen Leistung verwendet. Auf den Anteil der vom Leistungsempfänger ausgeführten bauwerksbezogenen Werklieferungen oder sonstigen Leistungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG an den insgesamt von ihm erbrachten steuerbaren Umsätzen kommt es nach dem BFH-Urteil entgegen Abschn. 13b.3 Abs. 2 UStAE (a.F.) nicht an. Im Übrigen ist es nach dem BFH-Urteil entgegen der Vereinfachungsregelung in Abschn. 13b.8 UStAE (a.F.) nicht entscheidungserheblich, ob sich die Beteiligten über die Handhabung der Steuerschuldnerschaft ursprünglich einig waren oder nicht.

Hintergrund

Die Verwaltung hatte mit BMF-Schreiben v. 05.02.2014 und v. 08.05.2014 auf die BFH-Entscheidung reagiert und das Urteil in vollem Umfang für nach dem 14.02.2014 (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im Bundessteuerblatt) ausgeführte Umsätze umgesetzt. Ergänzend zu diesen beiden BMF-Schreiben wird in diesem BMF-Schreiben u.a. zur verfahrensmäßigen Abwicklung von Änderungsanträgen Stellung genommen.

Zum Inhalt des BMF-Schreibens

Wurde bei einer steuerpflichtigen Bauleistung, welche vor dem 15.02.2014 erbracht wurde, davon ausgegangen, dass der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Steuer schuldet und stellt sich dies nach dem BFH-Urteil v. 22.082013, V R 37/10 als falsch heraus, können die beteiligten Unternehmer von der Nichtbeanstandungsregel Gebrauch machen oder die erklärten Umsätze nach § 27 Abs. 19 Satz 1 u. 2 UStG n.F. innerhalb der Festsetzungsfrist (§ 169 Abs. 1 AO) ändern, wenn der Leistungsempfänger dies beantragt.

Der leistende Unternehmer kann den Anspruch gegenüber dem Leistungsempfänger auf Nachzahlung der Umsatzsteuer gem. § 27 Abs. 19 Satz 3 UStG n.F. an das Finanzamt abtreten. Diese Abtretung des zivilrechtlichen Anspruchs bewirkt für den Schuldner der Umsatzsteuer, hier den Leistungsempfänger, das Erlöschen seiner Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt nach § 47 AO. Voraussetzung ist dass:

  • der leistende Unternehmer dem Leistungsempfänger eine erstmalige oder geänderte Rechnung mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer ausstellt,
  • die Abtretung an das Finanzamt wirksam bleibt,
  • dem Leistungsempfänger diese Abtretung unverzüglich mit dem Hinweis angezeigt wird, dass eine Zahlung an den leistenden Unternehmer keine schuldbefreiende Wirkung mehr hat, und
  • der leistende Unternehmer seiner Mitwirkungspflicht nachkommt.

In dem BMF-Schreiben wird weiter ausführlich dargestellt, wie die verfahrensmäßige Abwicklung der Änderungsanträge der Leistungsempfänger zu erfolgen hat. Fordert der Leistungsempfänger die Erstattung der Umsatzsteuer, welche dieser ursprünglich in der Annahme entrichtet hatte, Steuerschuldner i.S.d. § 13b UStG zu sein, sind die entsprechenden Umsätze an den Leistungsempfänger zu ermitteln. Der Leistungsempfänger hat dem Finanzamt die Auskünfte über den Umsatz darzulegen. Dieses Finanzamt wird das Finanzamt des leistenden Unternehmers über die Festsetzung der Umsatzsteuer nach § 27 Abs. 19 Satz 1 UStG informieren. Anschließend wird das für den leistenden Unternehmer zuständige Finanzamt diesen über seine Umsatzsteuerschuld durch die Änderung nach § 27 Abs. 19 Satz 3 und 4 UStG in Kenntnis setzen und ihn darauf hinweisen, dass er die Steuerschuld abtreten kann. Letztlich ist es dem Finanzamt des Leistungsempfängers gestattet, durch Aufrechnung (§ 226 AO i.V.m. §§ 387-396 BGB) mit dem abgetretenen Anspruch seine Erstattungsverpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger zu erfüllen.

Praxishinweis

Im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (KroatienAnpG) wurde u.a. der § 13b Abs. 5 Satz 2 neu gefasst. Dieser tritt mit Wirkung 01.10.2014 in Kraft und schreibt im Prinzip die bis zum 14.02.2014 geltenden Verwaltungsregelungen gesetzlich fest.

Hiernach kommt es wieder darauf an, dass der Leistungsempfänger selbst nachhaltig Bauleistungen erbringt. Die Nachhaltigkeit kann unterstellt werden, wenn die Bauleistungen beim Leistungsempfänger mindestens 10 % seines Weltumsatzes ausmachen. Der Leistungsempfänger hat eine im Zeitpunkt der Ausführung des Umsatzes gültige auf längstens drei Jahre befristete Bescheinigung, welche von dem Finanzamt ausgestellt wird, vorzulegen. Aufgrund dieser Bescheinigung darf der leistende Unternehmer in der Rechnung keine Umsatzsteuer mehr ausweisen.

Für die Praxis ist demnach relevant, dass die betroffenen Unternehmen rechtzeitig eine Bescheinigung bei dem für sie zuständigem Finanzamt beantragen und diese dem leistenden Unternehmer auch vorlegen.

Das BMF-Schreiben finden Sie hier.