BFH zu keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung

Anmerkung zu: BFH, Urt. v. 03.07.2014, V R 3/12, Keine Entgeltminderung bei Zentralregulierung

Praxisproblem

Eine Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist dann durchzuführen, wenn sich die Bemessungsgrundlage für den steuerpflichtigen Umsatz geändert hat (§ 17 Abs. 1 UStG). Die Berichtigung ist durch den Unternehmer vorzunehmen, welcher den Umsatz ausgeführt hat. Folglich hat der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen.

In der Praxis ist es üblich, dass ein Zentralregulierer seine von dem Lieferanten erhaltene Provision zum Teil an den Anschlusskunden weitergibt. Der BFH hatte nun zu entscheiden, ob die Weitergabe der Provision durch den Zentralregulierer an den Anschlusskunden eine Entgeltminderung für die Leistung des Zentralregulierers an den Lieferanten darstellte.

Sachverhalt

Die Klägerin ist als sog. Zentralreguliererin für Unternehmer (Anschlusskunden) tätig, welche Ware beim Lieferanten erwarben. Mit den Lieferanten der Anschlusskunden schloss die Klägerin Verrechnungsabkommen. In diesen verpflichtete sie sich dazu, sich für den Absatz der Ware der Lieferanten einzusetzen und zusätzlich im Wege des Schuldbeitritts das Delkredere und außerdem die Zentralregulierung für sämtliche Lieferungen an die Anschlusskunden zu übernehmen. Die Klägerin verfügte, soweit es sich um Garantiegeschäfte i.S.d. § 1 Abs.1 Satz 2 Nr. 8 Kreditwesengesetz handelte, über die notwendigen Genehmigungen. Im Umfang der Steuerfreiheit ihrer Leistungen hatte sie auf die Steuerfreiheit (§ 9 UStG) verzichtet.

Die Lieferanten und Anschlusskunden schlossen unmittelbar die Verträge über die Warenlieferungen. Zu den Lieferungen gehörende Rechnungen wurden auf den Namen des jeweiligen Anschlusskunden ausgestellt und an die Klägerin als Sammelrechnung übersandt. Diese beglich die Rechnung mit schuldbefreiender Wirkung für die Anschlusskunden.

Von den Lieferanten erhielt die Klägerin für die erbrachte Leistung eine Provision, welche mit den einzelnen Lieferanten individuell vereinbart wurde. Einen Teil der erhaltenen Provision gab die Klägerin als Verrechnungsvergütung oder Zusatzvergütung an die Anschlusskunden weiter. Die Anschlusskunden leisteten keine Zahlung an die Klägerin. Ihr Aufwand wurde durch die Provisionszahlungen abgegolten.

Die Klägerin machte geltend, dass sie durch die Provisionsweitergabe zu einer Entgeltminderung berechtigt sei, welche sich darüber hinaus auch nach dem Regelsteuersatz berechne, unabhängig davon, ob die an die Anschlusskunden gelieferte Ware dem ermäßigten Steuersatz unterlegen habe. Das Finanzamt lehnte dies mit Bescheid ab. Der dagegen erhobenen Klage gab das FG statt.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass die Zentralreguliererin nicht zur Minderung der Bemessungsgrundlage gem. § 17 Abs. UStG berechtigt sei.

Zwar hatte der BFH im Jahr 2008 entschieden (Urt. v. 13.03.2008, V R 70/06), dass Preisnachlässe eines Zentralregulierers an seine Mitglieder die Bemessungsgrundlage des Umsatzes des Zentralregulierers an den Warenlieferer mindere. Aufgrund der Entscheidung des EuGH (Urt. v. 16.01.2014, C-300/12, Ibero Tours) hält der BFH an dieser Rechtsprechung nun nicht weiter fest.

Dies bedeutet zum einen, dass ein Vermittler das Entgelt für seine Vermittlungsleistung nicht mindern kann, wenn er dem Kunden der von ihm vermittelten Leistung einen Preisnachlass gewährt, und zum anderen, dass Preisnachlässe, welche ein Zentralregulierer seinen Anschlusskunden für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten gewährt, die Bemessungsgrundlage für die Leistungen, die der Zentralregulierer gegenüber den Lieferanten erbringt, nicht mindern.

Im Streitfall sei die Klägerin als Zentralreguliererin nicht Teil einer Kette von Umsätzen, welche zwischen dem Lieferer und dem Anschlusskunden bestehe, sondern der Lieferant beliefere den Anschlusskunden direkt und die Klägerin erbringe demgegenüber eigenständige Leistungen. Folglich, da der Preisnachlass der Zentralreguliererin an ihre Anschlusskunden nicht die Bemessungsgrundlage für die Leistung der Zentralreguliererin an die den Lieferanten mindert, kann dieser Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei den Anschlusskunden führen.

Da die Klägerin dem Grunde nach keine Entgeltminderung nach § 17 UStG in Anspruch nehmen kann, ist die Frage, nach welchem Steuersatz eine Steuerberichtigung vorzunehmen sei, unerheblich.

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung folgt der BFH der Entscheidung des EuGH (Urt. v. 16.01.2014, C-300/12, Ibero Tours). Vermittlungsleistungen sind in Hinblick auf eine Minderung der Bemessungsgrundlage gesondert von der vermittelten Leistung zu beurteilen. Entgegen der Verwaltungsauffassung (Abschn. 10.3 Abs. 5 UStAE) mindern Preisnachlässe eines Zentralregulierers an die Anschlusskunden nicht die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des Zentralregulierers an den Warenlieferanten. Somit greift auch nicht § 17 Abs. 1 Satz4 UStG, welcher die Vorsteuerberichtigung seitens des Anschlusskunden vorsieht.

Bei Unternehmern, welche Vermittlungsleistungen empfangen haben, ist daher zu überprüfen, ob eine Rückgängigmachung ursprünglicher Vorsteuerkürzung möglich ist. Denn bisher mussten Anschlusskunden in solchen Fällen den aus den Warenanschaffungen zustehenden Vorsteuerbetrag um den im Preisnachlass des Zentralregulierers enthaltenen Steuerbetrag mindern.